James Bond fällt aus allen Wolken

Skyfall – oder Reinfall?

Die Kritik hat ihn geliebt, wie es scheint. Das Publikum ebenfalls. Ich… nicht so sehr. Warum können Sie sich, wenn Sie die vorhergehenden Artikel (klingt vielleicht doch besser als Kapitel) gelesen haben, wahrscheinlich schon selbst zusammenreimen.

Ich hab nichts dagegen, wenn man bei Bond etwas Neues versucht.  Nehmen wir zum Beispiel die erste Stunde von „Stirb an einem anderen Tag“. Sie zeigt, wie man so etwas gut macht: Bond gerät in Gefangenschaft, wird mit Musik von Madonna gefoltert, wird von seinen eigenen Leuten fallengelassen, muss sich selbst wieder berappeln und darf dann, nachdem er sich als würdig erwiesen hat, wieder für Mutter M arbeiten. Ab da driftet der Film mit Eispalast und Kampf im Flugzeug zum Über-Bond ab, der mal wieder alle Bondklischees bis ins äußerste steigern muss. Leider führt das eher zum Absturz als zum Höhenflug. Nichtsdestotrotz, bis Eispalast das Beste, was Bond in den letzten Jahren gezeigt hat. „Skyfall“ dagegen… seufz!

Alles neu macht der Sky?

Dass „Skyfall“ die wenigen Bondformalien nicht erfüllt, dürfte uns allen wohl inzwischen klar sein. Und, machen wir uns nichts vor, kein Bondfilm hätte eine starke Nutzung des Bondthemas so sehr gebraucht, wie „Skyfall“ (außer „Toast“), denn wenn man den Hauptdarsteller schon nicht für James Bond hält, dann sollte einem wenigstens die Musik so etwas vortäuschen. Tut sie aber nicht. Ganz ehrlich, ich kenne Pornofilme, deren Soundtrack mehr nach Bond klingt als das hier.

Man hätte es ja ähnlich konsequent machen können wie in „Casino Royale“, wo das Bond Thema langsam in kleinen Schritten in die Musik eingebaut wird, um an Ende zum Bond Thema zu kulminieren, so wie wir es kennen (weil Bond jetzt Bond ist). Bei diesem Film hätte man in der Actionsequenz am Anfang voll das Bond Thema fahren sollen und es dann, während Bond zu sich und dem Secret Service zurück findet, langsam wieder aufbauen können. Ja, „Casino Royale“ hat das sehr konsequent gemacht… aber das ist das Hauptproblem, das ich mit „Skyfall“ habe: Der Film ist von vorne bis hinten inkonsequent.

„Sturz aus allen Wolken“

Bond soll realistischer sein. Hmja, genau. Warum hat M dann eine Festplatte mit wichtigen Daten irgendwo in der Türkei herumliegen? Warum kennt Bond die Frau, mit der er arbeitet nicht (gut, er steigt zu jeder Tussi ins Auto, das kann man gelten lassen). Warum schießt Eve nicht noch mal, nachdem sie Bond getroffen hat? Warum merkt sie sich nicht, wie der Bösewicht ausgesehen hat? Warum überlebt Bond den Sturz in die Tiefe? Warum ist Silvas Plan so scheißkompliziert?

Damit sein Plan funktioniert, muss Silva davon ausgehen, dass

a) Bond den Attentäter überwältigt,

b) seinen Platz einnimmt,

c) den Waran (würg!) im Kasino überlebt,

d) auf Sex unter der Dusche steht und

e) zu seiner kleinen Insel kommt, nicht zu vergessen

z), dass da irgendwann irgendwo unter der Erde von London genau zur richtigen Zeit eine U-Bahn kommt, unter der Bond steht.

Jau, das ist natürlich viel realistischer als das unsichtbare Auto (und das war schon schwachsinnig!). Und Sie haben völlig Recht, normalerweise würde man solche Fragen bei einem Bond Film nicht stellen, aber wenn die Macher in Richtung „realistischer“ gehen wollen, dann werden sie sich wohl oder übel diese Fragen gefallen lassen müssen.

Konsequent inkonsequent

Zwei Filme lang hat man uns deutlich gesagt: Bond fängt an. Und hier: Zu viele Einsätze, zu alt, ausgebrannt. Inkonsequent!

Die Aston Martin Szene: Schön, das Bondthema endlich wieder laut und knackig zu hören – aber dieser Bond hat diesen Wagen nie gehabt, es ist sein Privatwagen (sagt er selbst), also warum weiß M vom Schleudersitz… INKONSEQUENT! Und, viel schlimmer, die Szene ist brachial und unelegant. „Stirb an einem anderen Tag“ hat die Reise durch 40 Jahre Bond weit netter und liebevoller eingebaut.

Dann sagt Q süffisant, dass man so was wie explodierende Füllfederhalter nicht mehr mache, zitiert aber trotzdem aus der guten alten Zeit, dass er es schön fände, wenn Bond die Sachen heile wieder mitbringen würde – Leute, entscheidet euch für eins, aber sich über das alte lustig machen und doch davon naschen zusammen geht nicht. In-kon-se-quent! (Früher hatte Bond immerhin noch eine schnippische Bemerkung, Q glaube gar nicht, wie viel Verschleiß es im Kampfeinsatz gebe zur Hand, aber das war ja auch ein anderer Bond.)

Zeit auf Daniel Craig einzugehen? Bond war mal charmant, süffisant, elegant. Craig wirkt auch im dritten Film trotz maßgeschneiderter Anzüge noch klobig und ungeschliffen. Vielleicht ändert sich das ja im nächsten Film… aber das hab ich auch schon vor zwei Filmen gehofft.

Bond, eine Charakterstudie

Zieht man also ab, dass es kein rechter Bondfilm ist, was bleibt dann noch? Die „Handlung“. Und die haben wir, das wird vielen nicht gefallen, in „Stirb an einem anderen Tag“ irgendwie schon mal und besser gesehen. Bond fällt, bleibt von der Bildfläche verschwunden und kehrt dann zurück… Traurig zu sagen, dass Sonnyboy Brosnan Charakterdarsteller Craig hier locker an die Wand spielt.

Denn dass Bond mal nen Bart hat und sich in ner Strandbar auf Malle die Kante gibt macht noch keine Charakterstudie. (Ja, ich weiß, es war in der Türkei.) Da wird Tiefe vorgetäuscht… aber eigentlich nur angedeutet.

Ja, bei dem Wort „Skyfall“ wird Bond böse… aber eingehend beleuchtet wird das nicht. (Weil er das Haus schon immer gehasst hat, gähn.) Ich sage nicht, dass in „Skyfall“ nicht ein guter Film drinsteckt, doch, doch, man hätte durchaus einen daraus machen können. Sogar einen Bond Film. Hat man aber leider nicht. Die Tiefe, die da sein sollte, wenn man sich schon weigert, einen Bond Film zu machen, fehlt ebenfalls. Aber hey, für die Kritiker hat’s gereicht. (Und sollte einer von euch erwähnt haben, wie toll und originell und cool die Szene mit dem spiegelnden Glas in Shanghai war – hat Regisseur Sam Mendes schon mal gemacht. Sogar mit Daniel Craig!)

Also von Inkonsequenz durchzogen, keinerlei emotionale Begründung (zum Beispiel warum dieser Bond diese M beschützen will, obwohl sie ihm selten guten Grund dafür gegeben hat) und letzten Endes dann ja auch eigentlich nur eine hyperkompliziert gestaltete Rachegeschichte (Mit seinen Fähigkeiten hätte Silva problemlos nach London fahren und M umlegen können, wenn er das gewollt hätte). Dazu kommt noch „Kinkaid“, der so wirkt, als hätte man die Rolle für Connery geschrieben, was auch alles in allem viel mehr Sinn ergeben hätte… aber statt sie dann wenigsten mit Roger Moore einem anderen Alt-Bond zu geben, verpufft mit der Besetzung von Albert Finney hier das möglicherweise angedachte „Schließen des Kreises“.

Auf der positiven Seite: Der Film ist schön fotografiert. Und der Titelsong ist gut. Klingt wie Bond – so ziemlich als einziges im Film.

Eleganz war früher mal

Dann noch die mangelnde Eleganz mit der Moneypenny eingeführt wurde. Wäre es denn so schwierig gewesen, zu schreiben:

BOND: „Du arbeitest jetzt für M? Wie muss ich dich dann nennen? Miss…“

EVE: „Moneypenny, der Name ist Moneypenny.“

Einfach, elegant und nicht so plump wie im Film.

Und dass aus MMMMMMallory der neue M werden würde, war dann auch nicht sooooo überraschend.

Oh, es wird immer wieder gerne hervorgehoben, dass mit dieser neuen Moneypenny den Frauen mal eine stärkere Rolle gegeben wird, als sonst nur wie ein Püppchen herumzustitzen und gut auszusehen. Das bedeutet also, es wird ein besseres Frauenbild gezeigt, wenn man sie als absolut unfähige Agentin darstellt, die in ihrem Job völlig inkompetent ist und deswegen dann später als Sekretärin ihres Chefs arbeitet? Gut, für Bond vielleicht schon!

Aber kommen wir zum Ende… des Films. Auch da ist Silvas Vorausdenken irgendwie… realistisch. Er schickt 20 Leute als Vorhut los, sagt dann aber erst später den Leuten, mit denen er ankommt, dass er die Frau selber umlegen will. Tja, gut, wenn man unfähiges Personal beschäftigt, sonst hätte die Szene nämlich auch ganz anders aussehen können…

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Ende gut, alles tot

Silva kommt an. Seine Leute erwarten ihn. Alles ist ruhig.

SILVA: Where are they?

KILLER: We killed them.

SILVA: What?

KILLER: We killed them. All of them.

SILVA: But… what about the woman?

KILLER: We killed her, too. And some groundskeeper.

SILVA: WHAT?

KILLER: Was our job, wasn’t it. I mean, you hired us for that. And we are professionals.

SILVA: But… I wanted to kill her.

KILLER: You didn’t tell us.

SILVA: But… but… HOW?

KILLER: Oh, we stole a policecar and knocked at the door. They opened and we killed them.

SILVA: But… that… is…

KILLER: Good work. High five? No.

SILVA: But… this is all wrong. I wanted to kill the woman.

KILLER: Then why didn’t you tell us?

SILVA: Because I thought you would be dead by now.

KILLER: Well, thanks for the vote of confidence, man. We’re pros! And, by, the way, we wanna get payed!

Na, das wäre doch ein viel besseres Ende gewesen. Und vor allem: Viel realistischer!

Halb_Fiction443

von Martin Cordemann

Bond oder nicht Bond…

…das ist hier die Frage

Wie wir im letzten Kapitel (darf man Kapitel schreiben, obwohl es ein Blog ist? Ja, ich glaub schon!) gesehen haben, gibt es da (in meinen Augen) ein paar Kriterien, die ein Bondfilm erfüllen sollte, um ein Bondfilm zu sein. Wobei es auch da Ausnahmen gibt.

Das berühmte Anfangstrio „Gunbarrel / Teaser / Titellied“ existiert in dieser Form eigentlich erst seit dem dritten Film („Goldfinger“, für alle, die es genau wissen wollen). Es wird in dieser Form aber auch nicht bei allen Filmen durchgehalten (z.B. bei „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“. Das Titellied „We have all the time in the world“ von Lewis Armstrong taucht während des Films auf, während im Vorspann ein Instrumentalstück gespielt wird, dessen Melodie sich durch den gesamten Film zieht).

Zurück zu den Anfängern

Wie sehen wir James Bond das erste Mal? Auf dem Klo in schwarz/weiß… wo er jemanden zusammenschlägt? Nein, das war „Casino Royale“. Wir sehen ihn durch den Lauf eines Gewehrs. Aber hören wir dazu das Bond Thema? Nein! Denn beim ersten James Bond Kinofilm war man noch ein bisschen am Experimentieren. (Ich schreibe KINOfilm, weil es ja vorher schon eine Bond-Verfilmung fürs Fernsehen gab, „Casino Royale“… aber ein anderes „Casino Royale“ als das oben genannte – eins von drei, um genau zu sein.)

Aber kommen wir zurück zu „Dr. No“. (Ich bin mir nicht ganz sicher, wie der Film bei uns nun eigentlich heißt, „James Bond jagt Dr. No“ oder „James Bond 007 jagt Dr. No“? Naja…) Wie gesagt, es war der erste Film und man experimentierte noch ein bisschen herum. So ließ man Maurice Binder ein bisschen herumspielen und die berühmte Gunbarrel-Sequenz entstand… allerdings ist der Mann, den man hier sieht, nicht Sean Connery sondern Stuntman Bob Simmons. Dazu hört man ein paar dissonale Klänge (oder wie würden Sie das bezeichnen?), die dann in das Bond Thema übergehen, so wie die Gunbarrel-Sequenz direkt in den Vorspann übergeht.

From EON with Love

Beim zweiten Film, „Liebesgrüße aus Moskau“, kam es dann zum ersten Mal dazu, dass nach der Gunbarrel und vor dem eigentlichen Vorspann eine Vortitelsequenz, kurz Teaser eingeführt wurde (etwas, das z.B. bei vielen amerikanischen Fernsehserien üblich ist). Aber so ganz hatte man seine Erfolgsformel noch nicht gefunden, denn obwohl es ein gesungenes Lied „From Russia with Love“ gibt, so baute man das erst am Ende des Films ein und unterlegte den von Maurice Binder gestalteten Vorspann nur mit einer Instrumentalversion des Songs. Danach schuf man dann mit „Goldfinger“ die Vorlage, die man viele Jahre weitestgehend konsequent durchhielt.

Dann wollen wir die beiden „Ausreißer“ nicht unerwähnt lassen, inoffizielle Bond Filme (d.h. nicht von EON und der Broccoli-Familie produziert). Einer davon ist, wie könnte es auch anders sein, „Casino Royale“! (Der dritte, na ja, eigentlich der zweite; als Parodie angelegt, aber eher anstrengend als witzig. Über diesen Film würde ich dann doch lieber den Mantel des Schweigens ausbreiten.)

Der andere ist Connerys Rückkehr zu Bond: „Sag niemals nie“, der aus rechtlichen Gründen sowohl auf Gunbarrel als auch auf das Bond Thema verzichten muss.

Never say Remake again

„Sag niemals nie“ ist ein Remake von „Feuerball“, das ist offiziell (und rechtlich abgesichert). „Moonraker“ ist ein Remake von „Der Spion, der mich liebte“, aber das ist inoffiziell (und auch nicht rechtlich abgesichert). Auf die Geschichte von „Sag niemals nie“ muss ich hier sicher nicht eingehen, da Sie sich ja auskennen. (Fleming entwickelt zusammen mit anderen Drehbuch, benutzt Handlung ohne zu fragen für Roman, die anderen bekommen die Filmrechte zugesprochen, was Kevin McClory später die Möglichkeit zu einem eigenen Bond Film gab.)

Dieser Film hat zwar einen gesungenen Titelsong, aber es gibt weder Gunbarrel noch Teaser noch Bond Thema – und doch wirkt er für mich mehr wie ein Bond Film als es jeder von Daniel Craig tut. Gut, dafür gibt es bei diesem Film einen besonderen Grund: Sean Connery! Es hilft auch, dass man sich nicht zu ernst nimmt und sogar das gesteigerte Alter des Agenten zum Thema macht. Es scheint einige zu geben, die ihn nicht mögen, aber unterm Strich fühlt sich dieser Film für mich aber einfach richtig an.

Anders „Lizenz zum Töten“, der zweite (und letzte!) Film von Timothy Dalton. Er erfüllt alle Formalien, Michael Kamen liefert einen angemessenen Soundtrack – und doch will es sich irgendwie nicht wie ein Bond Film anfühlen. Bond gegen einen Drogenbaron scheint nicht ganz ins Bild zu passen. Dass es sich um eine Rachegeschichte handelt auch nicht. Und dass der Drogenboss einer der uncharismatischsten Gegner ist, hilft der Sache auch nicht gerade. Als ich den Film das erste Mal gesehen habe, war das mit einem Freund zusammen in einem klassisch-schönen Kino in Holland. Unser beider Meinung war: Tolles Kino, schlechter Film.

Ähnliches kann man über „Ein Quantum Toast“ sagen – in meinen Augen weder ein guter Bond noch ein guter Film. Aber wie sieht es mit dem hoch gelobten „Skyfall“ aus? Nun, das erfahren wir beim nächsten Mal…

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von Martin Cordemann

Erschüttert, nicht gerührt

– Was macht einen Bond Film aus?

Was macht einen Bond Film aus? Nun, im Laufe der Zeit schraubt man seine Ansprüche ja immer mehr zurück. Das habe ich bei Bond inzwischen auch getan. Ich erwarte also keine clevere Handlung, keinen klugen Schurken, keinen brutalen Helfershelfer und keine schönen Frauen.

Hm, was ist mit den Figuren? Da gibt es doch bestimmt ein paar, die immer dabei waren, oder? Gute Frage: Welche Figuren tauchen in allen Filmen auf? Bond und M? Q? Moneypenny? Felix Leiter? Der Beisser? Nein.

Es gibt tatsächlich nur eine Figur, die in allen Bond Filmen auftaucht: James Bond. Selbst M ist nicht in allen Filmen vertreten (durch den überraschenden Tod des ersten M Darstellers, Bernard Lee, verzichtete man in „Moonraker“ auf die Figur und gab ihr „Urlaub“).

Auf ein Minimum reduziert

Wenn wir uns also auf die absoluten Mindestanforderungen beschränken wollen, die wenigen Formalien, die ein Film erfüllen muss, damit er ein BONDfilm ist, dann bleiben – neben der Hauptfigur – 4 Dinge übrig:

–         Gunbarrel-Sequenz am Anfang

–         Vortitelsequenz (Teaser)

–         Titel (am besten gesungen)

–         Bond Thema in der Musik während des Films

Klingt eigentlich nicht allzu kompliziert – scheint es aber zu sein. Umso schwerer ist es da zu verstehen, warum man diese wenigen Kriterien nicht einhalten möchte. Über die Musik und das Bond Thema hatten wir ja schon eingehend gesprochen, den Teil überspringe ich also mal.

Bleibt das Anfangstrio: Gunbarrel / Teaser / Titellied

Es gibt Bondfilme, die ohne auskommen und doch wie ein Bond Film wirken  („Sag niemals nie“ – aber das liegt hauptsächlich an Connery) und es gibt welche, die alle diese Elemente beinhalten und doch kein Bond Film sind („Lizenz zum Töten“). Und es gibt die Craig Filme.

Die Gunbarrel-Sequenz

Aber, bevor wir gehässig werden, wieso könnte jemand (ich!) das als Problem ansehen? Ich meine, gerade die Gunbarrel-Sequenz ergibt, bei näherer Betrachtung, überhaupt keinen Sinn.

Weiße Punkte (sollen Kugeleinschläge andeuten) hüpfen über einen schwarzen Hintergrund, dann sehen wir durch den Lauf (nicht das Zielfernrohr!) eines Gewehrs auf einen hellen Hintergrund, vor dem ein Kerl entlangläuft, der sich plötzlich zu uns dreht, schießt und dann läuft Blut (???) über den Gewehrlauf…

Ganz ehrlich, völliger Schwachsinn! Und doch ist es eine der besten und bekanntesten Eröffnungssequenzen, ähnlich wie die Augen und Hände beim „Tatort“. Sie signalisiert uns: Das ist Bond.

Seit „Dr. No“ hat jeder (offizielle) Bond so begonnen, es ist ein Intro, eine Einführung, der Jingle bevor es losgeht. Diese Sequenz wegzulassen ist, als würde man „All you need is love“ von den Beatles ohne die französische Nationalhymne als Intro spielen. Manche Dinge gehören einfach zusammen – und werden nach einer gewissen Zeit auch erwartet.

Dass man die Sequenz bei „Casino Royale“ weggelassen hat, ist durch die Struktur des Films begründet und in diesem Rahmen sinnvoll. Der Film soll Bonds Anfang zeigen, eine Anspielung auf diese Sequenz erfolgt in dem Moment, als er seinen zweiten Menschen tötet und sich damit seinen Doppelnullstatus verdient. So gesehen ist das eine schöne „Rechtfertigung“ für die Szene bei den anderen Filmen, da sie wiederum unterstreicht, dass es um 007 mit der Lizenz zum Töten geht. Die Szene aber bei den folgenden beiden Filmen ans Ende zu setzen… kann ich nur mit einem ausufernden Seufzen kommentieren.

Aber was ist mit dem Teaser? Und dem Titellied? Und überhaupt? Keine Sorge, das kommt schon noch!

Halb_Fiction478

von Martin Cordemann

Bond is in the air

– Das James Bond Thema und die Frage: Wie wichtig ist die Filmmusik?

Was macht einen Bond Film aus? Na, was? James Bond war mal ein gut aussehender, rauchender, gebildeter Mann aus der höheren Gesellschaft, der jede Menge Frauen abgeschleppt und nebenbei die Welt gerettet hat, ein paar Morde inbegriffen. Aber, machen wir uns nichts vor, das ist inzwischen alles austauschbar geworden. Alles? Naja, fast alles. Denn es gibt eine Sache, wirklich nur noch eine Sache, die Bond aus der Masse hervorheben, die ihn individuell, erkennbar, einzigartig machen kann – also warum zur Hölle nutzt man sie nicht?

Die Rede ist, wie man unschwer dem Titel entnehmen kann, von der Musik. Hier hat man einen der größten Schätze der Filmgeschichte in der Hand und behandelt ihn völlig stiefmütterlich. Denn das James Bond Thema ist wohl eine der besten Action-Musiken aller Zeiten. Was den Wiedererkennungswert angeht spielt es locker in einer Liga mit „Mission: Impossible“, der „Star Trek“ Fanfare oder dem Thema von „Der weiße Hai“. Das Bond Thema ist einprägsam, leicht erkennbar, variabel und anpassungsfähig. Ich erspare uns jetzt, die Frage zu klären, wer nun mehr zu dieser Musik beigetragen hat, ihr eingetragener Komponist Monty Norman oder ihr Arrangeur John Barry – dazu gibt es Bücher, schlagen Sie es nach, wenn Sie interessiert.

Persönliche Noten

Aber warum ist diese Musik – in meinen Augen – so wichtig und warum höre ich nicht auf, die Leute damit zu nerven? Nun, weil sie wie gesagt das einzige ist, wodurch sich Bond heutzutage noch von anderen Actionfilmen unterscheiden kann. Dieses Thema ist quasi das einzige, das nicht austauschbar ist. Diese Noten verliehen den Filmen ihre persönlichen Noten.

Das Bond Thema ist zeitlos, es funktioniert in den 60ern genauso wie in den 90ern und im neuen Jahrtausend. Es hat Feuer, Klasse, Action. Es adelt jede Actionszene und lässt sie besser aussehen, als sie ist. Um „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ zu zitieren: „Es hebt… die Stimmung!“ Schauen Sie sich einfach mal den Anfang von „Moonraker“ an: Fallschirmspringen und Bond Thema – mehr braucht man nicht zu sagen!

Von diesem Standpunkt es ist schon mal schwer nachvollziehbar, warum man diesen Schatz in letzter Zeit so selten nutzt, hätte er doch sogar eine Gurke wie „Ein Quantum Toast“ vielleicht wie einen halbwegs passablen Film aussehen lassen – oder zumindest über ein paar seiner Schwächen hinwegtäuschen können.

Hören und hören lassen

Das andere ist: Diese Musik (und nur diese Musik!) ist der einzig verbliebene Identifikationsfaktor. Es hat diverse Bonddarsteller gegeben, diverse Ms, Qs, Moneypennys, Leiters und sogar vier Blofelds. Die Räumlichkeiten haben gewechselt, die Autos, die Frauen. Nur eins ist Bond in all den Jahren treu geblieben: Seine Musik.

(Exkurs: John Barry, den ich als den wahren Genie hinter dieser Musik vermuten würde, hat für „Liebesgrüße aus Moskau“ ein Stück mit dem Titel „007“ geschrieben, das er quasi als Gegenstück zum Bond Thema etablieren wollte. Es hat nicht so richtig funktioniert und man hört es nur in drei Soundtracks, die allesamt von Barry stammen… und in denen oft Boote zur Musik zu sehen sind.)

Das Bond Thema ist zeitlos – und man kann es jederzeit einsetzen. Und das, ohne dass es langweilig wirkt und immer gleich klingt. Der beste Bond Soundtrack ist der, der es schafft, die Melodie des Titelliedes mit dem Bond Thema zu verbinden. So bleibt einerseits die Erkennung „Bond“ erhalten, andererseits erhält das Thema aber auch seine individuelle, dem jeweiligen Film entsprechende Note. John Barry war ein Meister darin, beide Musiken miteinander zu verweben und auch David Arnold macht seine Sache sehr gut – wenn man ihn lässt.

Spiel mir das Lied vom Bond

„Goldfinger“ ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie beide Themen miteinander verbunden werden und gleichermaßen die Individualität des Films betonen und die Integrität der Reihe gewahrt wird (ja, das klingt ein wenig hochgestochen, hat aber was). Auch bei „Feuerball“ verschmelzen beide Elemente hervorragend miteinander. Auf Wunsch kann, wie bei „Man lebt nur zweimal“ auch gerne ein Hauch Lokalkolorit (japanisch) eingeflochten werden, das Bond Thema macht es mit.

„Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ ist einer der Sonderfälle, in dem der Name des Films nicht im Lied auftaucht. (Welche Überraschung! Aber auch „Oktopussy“ ist hiervon nicht verschont geblieben und der Song von „Der Spion, der mich liebte“ heißt „Nobody does it better“, auch wenn eine Textzeile auf den Titel verweist.) Das Lied heißt „We have all the time in the world“ und wird während des Films gespielt. Stattdessen hat der Film einen instrumentalen Anfangssong, der aber auch hier durchgehend und erfolgreich in den Soundtrack integriert wird.

Ein Beispiel, das etwas aus der Reihe läuft ist „Der Hauch des Todes“. Es scheint, Barry habe seine Differenzen mit A-ha, den Schöpfern des Titelliedes gehabt – Sie sind eh gerade im Internet, das können Sie also auch selbst nachschlagen. Da stehen unschöne Bezeichnungen, die er für diese Gruppe hatte… und er setzt diese Differenzen auch in seiner Musik um: Er verwendet die Melodie von „The Living Daylights“ äußerst selten – dafür hatte er aber offensichtlich Spaß an der Musik, die sie für den Killer Necros bei dessen ersten Einsatz gewählt hatten, und so pflegt er die Melodie von „Where Has Everybody Gone“ immer wieder – man hat das Gefühl: gerne – in die Filmmusik ein. Leider macht Necros irgendwann den Abgang und so muss er auf das Daylights Thema zurückgreifen.

Auch David Arnold hat einen eigenen Stil für die Bond Musik entwickelt. Er entscheidet sich etwas von dem Barrys, aber doch schafft er es, die Action auf den Punkt und das Bond Thema auf die Szene zu bringen. Auch das Verweben der Melodien gelingt ihm sehr gut. Zu traurig also, dass seine Musik für „Toast“ zu enttäuschend ausgefallen ist. Bei „Casino Royale“, dem „Bond wird Bond“ Film, schafft er es auf wunderbare Weise, den Prozess dieser Entwicklung auch in der Musik widerzuspiegeln. So wie Bond baut sich auch sein musikalisches Thema nach und nach auf. Ein bisschen Bond hier, ein Touch da, bis man am Ende das hat, was man haben möchte: Das James Bond Thema. Dass er es in „Toast“ kaum verwendet verwundert – aber vielleicht hat er den Film auch nicht für einen Bondfilm gehalten?!

„Mein Name ist Bar, Austausch Bar.“

Wir sehen also: Das Bond Thema kann altvertraut und doch immer frisch und neu, der Situation, den Film angemessen sein. Und sie ist, neben dem Namen (und ich schreibe bewusst nicht „Charakter“) James Bond, das einzige, was noch aus den 60ern übrig geblieben ist und sich nicht verändert hat.

Somit ist sie das einzige, was uns anzeigt, dass wir zu Hause sind, dass das hier ein James Bond Abenteuer ist und dass es sich bei dem gut gekleideten Typen, der Leute zusammenschlägt, um Agent 007 handelt und nicht um den Mann im Anzug aus „Person of  Interest“.

Die Musik sorgt dafür, dass das nicht austauschbare Ware ist – aber das scheinen die Produzenten nicht zu wissen. Oder es ist ihnen egal. Kann es ja auch sein, denn wenn einer der schlechtesten „Bond“ Filme (es ist kein Bond!) aller Zeiten, „Ein Quantum Toast“, der zweiterfolgreichste Film der Reihe ist, dann macht’s doch keinen Unterschied, dann kann man auch solchen Mist abliefern und dem Zuschauer wird’s schon gefallen. Also wozu sich Mühe geben?

Warum man einen Bond Film für Leute machen soll, die Bond Filme eigentlich nicht mögen… tja, erschließt sich mir nicht so ganz, denn dann braucht man ja auch streng genommen keinen Bond Film zu machen. Falls Sie das Gefühl haben, dass ich mich hier aufrege, dann liegen Sie gar nicht mal so falsch. Tja, ich schätze, das bringt uns zu der Frage: Was macht eigentlich einen Bond Film aus? Nun, das… klären wir beim nächsten Mal!

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von Martin Cordemann

Uuups, they did it again…

…Remake, Homage oder einfach nur geklaut?

Wat is ne Remake? Da stellen wir uns doch einfach mal dumm… denn das sind die meisten Remakes eigentlich auch, dumm… und überflüssig. Eins der Argumente, die man mir immer wieder dafür nennt, wenn ich mich über so was aufrege, ist: „Das Original kennt doch keiner!“ Weil es ja schon 30 Jahre alt ist. Oder 20. Oder 10. Oder eins!

Die Aufmerksamkeitsspanne der Leute lässt ja immer mehr nach und wer weiß denn da noch, dass „Spider-Man“ erst vor wenigen Jahren neu auf den Markt gekommen ist, wenn er jetzt ganz neu auf den Markt kommt? Aber dafür hat der liebe Gott doch die DVD erfunden, damit man sich an so was erinnert und es nicht in Vergessenheit gerät.

Und doch scheint Dinge, die gerade mal ein paar Jahre alt sind, keiner mehr zu kennen, auf dass man sie in neuem Gewande verbraten kann.

Stellen wir uns also nicht die Frage, ob man so was braucht, stellen wir uns die Frage: Was ist ein Remake? Was ist eine Homage? Und was ist schlicht geklaut?

Remake my day

Ein Remake ist relativ einfach zu erklären. Man nimmt etwas, das es schon gibt, und macht es noch mal, nur mit anderen Schauspielern… und ggf. völlig anders, mit großer Wahrscheinlichkeit aber schlechter. Was die eine oder andere Frage aufwirft. Wenn ich von etwas ein Remake machen will, warum mache ich es dann völlig anders und das einzige, was ich beibehalte, sind die Namen der Personen? Macht das ein Remake nicht eigentlich völlig sinnlos?

Ja, macht es, scheint aber keinen zu stören. Man kann also die Bezeichnung Remake gelten lassen, wenn eine Figur so heißt wie in der alten Fassung. In etwa. Wir wollen da nicht so streng sein. Dass man bei einem Remake selten versucht, den Geist des Originals zu übertragen, auch das ist… ich weiß es doch auch nicht. Vergleichen Sie einfach die Serie „Das A-Team“ mit dem Film „Das A-Team“ – und lassen Sie sich die Frage nach dem „warum“ mit dem einfachen Wort „Geld“ beantworten. Dass heutzutage alles jünger und schneller und hipper und funkiger sein muss, ist ja klar. Dass man aber irgendwie keinen rechten Zusammenhang zum Original finden kann, fällt nicht ins Gewicht, weil… na, haben Sie aufgepasst? Weil… Weil es keiner kennt! Japp! Also ganz egal, was man da macht, für die Freunde des Originals ist es eh nicht und alle anderen schert das einen Dreck.

Werde ich zu negativ? Ich glaube schon. Aber egal. Ich denke, Remake haben wir jetzt ganz gut umrissen. Kommen wir zu, Trommelwirbel, der…

Homage

Eine Homage, Komma, liebevolle, ist eine Anspielung auf ein Original. Es ist ein Augenzwinkern zum Zuschauer, vielleicht noch ein Zitat. Es zeigt, dass man das Original kennt und man verbeugt sich hiermit davor.

Parodien, jedenfalls gute, gehen teilweise in den Bereich der Homage. In ihren frühen Jahren haben die Zucker-Brüder zwei der besten Komödien aller Zeiten geschaffen, „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ und „Die nackte Kanone“. Beide spielen mit ihren Genres, zitieren und parodieren. Wenn man sich diese Filme betrachtet und sie neben das Original stellt, z.B. die „Airport“ Filme, dann wird man feststellen, dass hier mit einem guten Auge fürs Detail gearbeitet wurde und man Klischees aufgegriffen und parodiert hat.

Anders ist es bei heutigen „Parodien“, die diesen Namen nicht verdienen und die zur Abschreckung mit einem „Movie“ im Titel gekennzeichnet sind. Die bieten weder Parodie noch Homage, hier wird einfach eine Szene aus dem zu „parodierenden“ Film nahezu original übernommen und dann um wenig witziges (Furzen, Kacken, Kotzen) erweitert. Par Odie, der Erfinder der Parodie, würde sich im Grab umdrehen, wenn es ihn denn gegeben hätte.

Wenn wir in eine Zeit zurückgehen wollen, als Woody Allen Filme noch gut waren (ja, ich bin so alt), dann stoßen wir auf „Mach’s noch einmal, Sam“, ein Film, den ich persönlich zwar nicht so sehr schätze, der aber, glaube ich, ein ganz gutes Beispiel ist. Denn hier wird das Thema Bogart und „Casablanca“ aufgegriffen und damit gespielt. Ähnliches gibt es in einer Episode von „Sledge Hammer“, wo man ebenfalls einen Bogart auftreten lässt und sich das ganze in eine Art Film Noir wandelt. Das ist eine Homage, an eine Zeit, an eine Ära, an einen Mann. Hier wird mit diesen Versatzstücken gespielt, sie werden aufgegriffen, gezeigt, stellenweise parodiert. Auch das Auftauchen eines renitenten Computers in „Der Schläfer“ und „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Raumschiff“ ist gleichermaßen Homage und Parodie auf HAL 9000 in Stanley Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“.

Oder wenn in einer Serie wie „The Big Bang Theory“ Zitate aus Genrefilmen in einen neuen Zusammenhang gebracht werden, dann ist das eine Anspielung, ein Hinweis für Eingeweihte auf das Original. Vielleicht liegt es daran, dass das ganze nur Andeutungen sind, Hinweise, ein lächelnder Blick auf ein anderes Werk, die sie als Homage kenntlich machen… hätte ich gesagt, aber in „Ein Quantum Trost“ liegt die Leiche der Toten Frau ziemlich exakt so auf dem Bett, wie sie es bei „Goldfinger“ tut, im einen mit Öl, im anderen mit Gold überzogen. Die Macher würden bestimmt von einer Homage sprechen, ich würde da jedoch mein Veto einlegen. Also…

Wann ist es einfach nur geklaut?

Wenn man wenig Eigenes dazu tut? Wenn der einzige Unterschied der zwischen Gold und Öl (schwarzem Gold) ist. Wenn man gefühlt ganze Handlungsstränge 1:1 übernimmt. Brian de Palma könnte man vorwerfen, er habe „sich inspirieren“ lassen, seine Werke seien „Verbeugungen“ oder eine „Homage“ an Hitchcock, Eisenstein und wie sie alle heißen, aber auch da würde ich eher sagen: Das ist dann doch eher geklaut. Nicht alles, aber vieles. Und das Problem bei Leuten, die klauen ist, dass sie in den wenigsten Fällen so gut sind, wie der Originalregisseur – was dazu führt, dass das meiste Geklaute weniger gut ist als das Original. Und das ist dann, verzeihen Sie das Wort, Scheiße!

Wozu soll ich mir eine beschissene Kopie ansehen, wenn ich mir ein großartiges Original ansehen kann? Immerhin sind viele gut genug, bei guten Sachen zu klauen, aber da das Endergebnis a) zu wünschen übrig lässt und b) eh nicht mit dem Original mithalten kann, kann ich’s mir dann trotzdem schenken.

Also kommen wir zur „Inspiration“ für diese Kolumne: „Star Trek Into Darkness“. Ich habe mich ausführlich zu diesem Film geäußert, aber, um auf unser Thema zurück zu kommen, der Film klaut dreist und schlicht eine Szene aus „Star Trek II: Der Zorn des Khan“. Es ist keine Parodie, keine Homage, denn sogar die Dialoge sind nahezu identisch. Was in „Zorn des Khan“ eine wichtige, emotionale, was eine Schlüsselszene für den Film ist, für die Handlung, für die Freundschaft zwischen Kirk und Spock, verpufft in seiner Geklautheit ziemlich. Es ist mit weniger guten Darstellern weniger gut nachgespielt, um es kurz zu fassen. Da bleibt jegliche Wirkung aus – und es entwertet den Film extrem, denn dies ist nicht neu, dies ist nicht gut, dies ist nicht eigenständig, dies ist lediglich peinlich. Geklaut, billig, unverschämt. Das ist ein bisschen so, als würde man von einem legendären Film, sagen wir mal „Psycho“, eine 1:1 Kopie machen, indem man alle Szenen mit neuen Darstellern in den gleichen Einstellungen neu filmt… und so einen idiotischen Schwachsinn würde doch niemand machen. Oder?

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von Martn Cordemann

„Go, Wolverines, go… HOME!“

– Das fabelhafte Remake „Red Dawn“

Ein Remake von guten Filmen zu machen ist ja fast schon nachvollziehbar, aber von einem schlechten Film? Diesen Ruf hat das Original zumindest, „Die rote Flut“, ein Film, in dem junge Mädchen ihre ersten Erfahrungen mit der weiblichen Menstruation machen… äh, nein, ein Film, wo Amerika von den Russen besetzt wird, glaub ich. Auch nicht viel besser. Vielleicht sogar eher das Gegenteil!

Man könnte jetzt natürlich sagen, wenn man von einem miesen Film ein Remake macht, dann kann das ja nur besser werden… Tja, wenn Sie diese Meinung vertreten, dann haben Sie „Red Dawn“ nicht gesehen! Denn es geht schlechter, wow, und wie viel schlechter!

Ach, ich muss zugeben, ich kann das eigentlich gar nicht beurteilen. Ich bin nicht sicher, ob ich „Die rote Flut“ jemals gesehen habe, und wenn, dann ist das so lange her, dass ich mich beim besten Willen (und den hab ich nicht) nicht mehr daran erinnern kann. Ich muss also vom Remake selbst ausgehen… und das ist ein wirklich beschissener Film.

Höflich ausgedrückt!

Die Russen kommen!

Nein, stimmt ja gar nicht, das war im Original.

Die Chinesen kommen!

Stimmt auch nicht, das war ja von der Überarbeitung. Ich nehme an, Sie kennen die Geschichte. Da ja jetzt die Chinesen der große Block im Osten sind (der Ostblock, wenn Sie so wollen), und die Russen (und ganz besonders Putin) unsere Freunde (der will nur spielen!), da dachte man sich, die Russen können wir nicht nehmen und wir wollen ja auch eine aktualisierte Variante dieses brisanten Stoffs (kicher!) machen, also nehmen wir die gelbe Gefahr! (Ich denke, das kann man schreiben, ohne rassistisch zu klingen, oder?) Dann hat man aber wohl festgestellt, dass die Chinesen ja jetzt der neue große Block im Osten sind und quasi so eine Art Absatzmarkt, mit dem man es sich ja nicht verscherzen will. Nu hatte man aber wahrscheinlich schon mit irgendwelchen Schlitzau… mit irgendwelchen Asiaten gedreht und da konnte man ja nicht einfach sagen, der Franzmann ist da. Oder der Kraut. Oder der Tommy. Der Mexikaner wäre gegangen, aber das hätte keiner geglaubt. Also hat man im Computer alles ein wenig neu bearbeitet und aus dem bösen Chinamann wurde im Nu…

Der böse Koreaner, Komma, Nord, Ausrufezeichen!

Denn wenn wir eins über den Nordkoreaner wissen, dann ist das, dass er böse ist. Und Kommunist. (Reimt sich!) Und wer böse ist und Kommunist der reist auch gerne mal nach Amerika, und wenn ich „reist“ sage, meine ich „marschiert ein“ und wenn ich „Amerika“ sage, meine ich „Amerika“, also genau genommen „USA“, dass es da noch mehr gibt, weiß ja keiner, besonders nicht der Amerikaner.

Also kommt die rote Gefahr… die gelbe Gefahr, mit Pauken und Trompeten, nein, mit Flugzeugen und Panzern. Und das ist toll, ein Meisterwer… ach, wem will ich hier was vormachen.

In war Sion

In der Invasionsszene sind eine solche Unmenge von Flugzeugen am Himmel und eine solche Unmenge von Geländefahrzeugen auf dem Boden, dass man sich nur eine Frage stellt: Wo haben die die vielen Maschinen her? Wie sind die unbemerkt dahin gekommen, besonders die Autos? Und wer ist jetzt eigentlich noch in Korea, wenn die alle hier sind? Drei, drei Fragen!

Die Antwort ist und bleibt Kopfschütteln, denn die Prämisse des Films ist mit idiotisch noch recht höflich umschrieben, der Rest des Films folgt dieser Idiotie aber mit der demütigen Treue, mit der man einem koreanischen Staatsdiktator folgt.

Baseball gegen Schlitzis

Na komm, bei dem Film darf man doch auch in der Kritik nicht an Rassismen sparen. Wenn schon keiner merkt, dass die Asiaten, die man als Chinesen gecastet hat, jetzt Koreaner sind, dann darf man das, sehen doch eh alle gleich aus, offenbar. Was genau die Koreaner da nun wollen, hat sich mir nicht so erschlossen. Jedenfalls sperren sie die Amerikaner in Gefangenenlager, wahrscheinlich, um deren CO2-Ausstoß zu verringern, was wirklich löblich wäre. Das würde der Invasion einen Sinn geben… den der Film nicht verdient hat. Denn das wäre zu originell. Und das ist er nun wirklich nicht.

Eine Horde junger College, Highschool oder wasauchimmer Kids beginnt nun, gegen die asiatische Mafia zu kämpfen… während Holland wahrscheinlich gerade in das menschenleere Nordkorea einmarschiert, aber das erfahren wir im Film nicht. Wahrscheinlich sind es Baseballspieler, denn das sind ja die meisten amerikanischen Kinder auf irgendwelchen Schulen. Und so als Team aus Spielern und so kämpfen sie dann gegen die Gegner und so und gewinnen auch mal hier und da und so und dann ist der Film irgendwann vorbei und man fragt sich: Wo hab ich eigentlich geparkt? Gehen wir jetzt noch was essen? Ja, am besten zum Asiaten. Denn auch wenn der Chinese nicht richtig einmarschieren kann, kochen kann er!

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von Martin Cordemann

Lesen und sterben lassen

– Wie unterscheiden sich eigentlich James Bond Bücher und Filme?

Man weiß, es gibt Unterschiede zwischen den James Bond Büchern und den James Bond Filmen. Genau genommen geben die Filme die Bücher sehr wenig treffend wieder – wie man besonders am Beispiel von „Live and let die“ sehen kann.

Wer denkt, bei Bond gehe es vor allem um Sex und Gewalt, Frauen und Killen, angeheizt durch ein bisschen Spionage, der ist auf dem Holzweg. Denn in Ian Flemings zweitem Bond-Roman spielt eine völlig andere Sache eine große Rolle – was in den Filmen meist schmählich vernachlässigt wird. Nein, ich meine nicht den Rassismus (ich habe noch nie so oft das Wort „negroe“ gelesen wie in diesem Buch – und dass Schwarze und Voodoo zusammengehören wie Pech und Schwefel, äh, Laurel und Hardy, das ist ja wohl nicht rassistisch sondern einfach 50er Jahre Denken). Etwas anderes zieht sich durch dieses Buch, so wie Blofelds Katze durch eine sonnendurchflutete Villa: Essen.

Essenzielles

Ja, meine Lieben, bei Bond geht es ums Essen. Kein Scherz. Während sich der Agent seiner Majestät im Film eher in den Armen einer bikinigewandeten Schönheit vergnügt, unterbricht er seine Agententätigkeit in diesem Buch nicht für die Mahlzeiten… vielmehr unterbricht er seine Mahlzeiten nur, um hin und wieder mal ein bisschen in Sachen Spionage zu unternehmen.

Wahrscheinlich nimmt die Wichtigkeit des Essens im Laufe der Reihe ab, in „Goldfinger“ zum Beispiel braucht es vier Kapitel, bevor die erste Mahlzeit erwähnt wird. Doch wichtig bleibt es schon, wenn man beispielsweise einen Flick auf „Feuerball“ wirft. Bond beklagt sich über Kopfschmerzen von zuviel Rauchen und Saufen und schlechter Ernährung und stellt sich um auf gesunde Ernährung. Und es wirkt, es geht ihm besser… doch dann stellt er fest, dass er so gesund keine Leute umbringen kann und damit seiner Aufgabe nicht gerecht wird, also kehrt er zu seiner „ungezügelten Lebensweise“ („Sag niemals nie“) zurück. In „Leben und sterben lassen“ ist und bleibt das Essen allerdings die Hauptrolle.

Nur zwei Beispiele:

– Solitaire, Bonds Geliebte, wird entführt, mit ungewissem Schicksal und der Option auf Tod – nächste Szene, Bond isst.

– Felix Leiter, Bonds langjähriger (seit dem letzten Buch) Freund wird (im wahrsten Sinne des Wortes) den Haien zum Fraß vorgeworfen. Man bringt ihn ins Krankenhaus, Arm ab, Bein ab, Gesicht zerfetzt, Körper in schlechtem Zustand mit der Option auf Tod – nächste Szene, Bond frühstückt. Kein Scherz!

Und so hangelt sich der Agent von Mahlzeit zu Mahlzeit, wobei Fleming natürlich auch seinem Missfallen gegenüber der Amerikanischen Küche Ausdruck verleiht. Oh, ein schlechtes Frühstück mit Eiern von der Stange ist fast schlimmer als der grausame Tod des Schlafwagenschaffners.

Morden geht durch den Magen

Wie heißt es so schön: Morden geht durch den Magen. Und hier trifft das besonders zu. Kaum ein Kapitel kommt ohne eine angemessene Mahlzeit aus:

In Kapitel 1 gibt es halbdurche Hamburger, in Kapitel 3 Frühstück (Orangensaft, 3 Eier, Speck, Espresso), in 4 ebenso, aber ohne es näher zu spezifizieren. 5 bietet Hühnchen mit Speck, doch dann muss man sich bis zum Frühstück in 9 gedulden (Toast, Marmelade, Cornflakes, doppelter Espresso). Man hungert ein weiteres Kapitel nach einer Mahlzeit, bekommt aber erst im 11. Rührei mit Speck und Würstchen sowie einen der lokalen Camemberts vorgesetzt.

Ein Kapitel später dann macht Bond seine schlechten Erfahrungen mit billigem Amerikanischen Frühstück (Orangensaft, Kaffe, Rührei), die ihm fast den Spaß an dem ganzen Agentenabenteuer und seiner schnuckeligen Begleitung vermiest. In Kapitel 13 wird Essen zwar erwähnt, aber nur, wie andere das tun.

Dafür bietet Kapitel 14 gleich zwei Mahlzeiten: Abendbrot (Fisch in weißer Soße, ein Streifen Truthahn) und ein paar Sandwiches (nachdem Leiter seine Begegnung mit den Haien hatte). Eine kleine Änderung im Speiseplan gibt es dann im 15. Kapitel, wo einer der Bösewichte dann selbst vom Hai verspeist wird (eine Auflistung von Beilagen o.ä. bleibt leider aus).

Kapitel 16 beginnt kulinarisch mit einem trippeldecker Sandwich und erwähnt noch ein frühes Abendessen vor dem Abflug nach Nassau (Flugzeugbewirtung wird Bond – und dem Leser – erspart).

Nach einem nicht näher spezifizierten Frühstück in Kapitel 17 bereitet Quarrel in 18 etwas auf einem kleinen Kocher zu, doch unser Hunger nach mehr wird erst wieder am Ende von 22 gestillt – ebenso wie der der Haie, die Mr. Big verspeisen. Im letzten Kapitel wird dann noch erwähnt, dass Quarrel den besten Koch im Dorf organisiert hat, es wird schwarze Krebse, Ferkel und einen Avocado Salat geben… aber das soll eine Überraschung sein!

Das Erfolgs-Rezept

Wir sehen, einzig das Nennen von Rezepten fehlt, um dem ganzen den richtigen Schliff zu geben. Sätze wie „Bond kochte… vor Wut“ würden in einem solchen Fall in einem völlig neuen Zusammenhang gesehen. (Das mit den Rezepten hat Manfred Taut in seiner Satire „James Bomb jagt die Zombies“ (Moewig) dann nachgeholt – wobei das Standardwerk in diesem Bereich zweifelsohne „Es muß nicht immer Kaviar sein“ von Johannes Mario Simmel ist.)

Unterm Strich kann man also sagen, angemessener wäre der Titel „Live and let diet“… wobei dann aus „Goldfinger“ möglicherweise „Fishfinger“ geworden wäre, was eine ganze Industrie vorweggenommen hätte. Tja, damals war Bond eben oft seiner Zeit voraus.

Der Hobbit – eine überfrachtete Reise

Ich mag den Film. Ehrlich! Ich fand den gut. Er hat seine Schwächen, auf die wir gleich eingehen werden, aber im Gegensatz zu anderen Filmen in dem Jahr („Proletheus“, „Skyfall“) war ich nicht enttäuscht, als ich aus dem Kino kam. Aber diese Kolumne heißt ja „Popkulturelle Differenzen“, was darauf schließen lässt, dass ich hier nicht unbedingt die Meinung der Mehrheit vertrete. Genau genommen hatte ich das Gefühl, ich war einer der wenigen, die den Film mochten. Und, machen wir uns nichts vor, ich kann so ziemlich jeden der Kritikpunkte nachvollziehen:

Die Länge

Der Film ist – leider – zu lang. Was bei diesem einen Teil vielleicht noch geht, aber wenn ich mir vorstelle, dass noch zwei weitere folgen sollen, bekomme ich ein bisschen Angst. Wobei mir beim zweiten Schauen die ersten 90 Minuten ziemlich gut gefallen haben, da gibt es wenig, von dem man sich trennen müsste, aber danach, spätestens ab der Höhle des Bergkönigs, ist mir da auch ein bisschen zuviel Gelaufe, Gespringe, Gefalle, Georke. Das hätte man ein wenig straffen können, aber, machen wir uns nichts vor, der Film muss ja auch die Zielgruppe ansprechen, die nur wegen so was ins Kino geht und man will ja auch ein bisschen was vom „Transformers“ Publikum abgreifen.

„More is more“

Das ist mein Lieblingszitat von Renny Harlin im Zusatzmaterial von „The Long Kiss Goodnight“ (oder „Stirb langsam 2“?), womit er sagen will, je mehr Effekte/Geld/Explosionen/Titten/Wasauchimmer man in einen Film packt, umso besser ist das. Nope! „Weniger ist mehr“ funktioniert dann doch meist besser – und hier wäre das auch sehr hilfreich gewesen.

Dass es zu viele Schlümpfe… Zwerge! gibt, da kann der Film nichts dafür, das wird im Buch schon so gewesen sein. Es ist nur leider unübersichtlich, wer wer ist und was wann warum macht. Und dann hängen alle auch noch die ganze Zeit aufeinander, was der Übersichtlichkeit nicht gerade zuträglich ist. Da war die Struktur der verschiedenen Gruppen wie

Frodo + Sam / Gandalf + Pippin / Aragorn + Legolas + Gimli / Merry + Eowyn

in „Der Herr der Ringe“ einfach weit übersichtlicher.

Was man sich vielleicht hätte sparen können, wäre die Einführung neuer Figuren gewesen. Hier werden neue Gegner aufgebaut, ein weißer Ork und ein schwarzer Necromant, die etwas mehr Gefahr und Spannung in die Geschichte bringen sollen. Jackson verwendet für die drei „Hobbit“ Filme alles Material aus den Anhängen, das er rechtlich nutzen darf. War das nötig? Nein? Gibt es einen Grund dafür? Ja, den gibt es…

Eine mögliche Erklärung

Verschiedene Leute haben eine vernünftige Theorie für diese Herangehensweise Jacksons aufgestellt, die ich teile. Dies ist für ihn die letzte Möglichkeit, nach Mittelerde „zu reisen“, die letzte Möglichkeit, dort etwas zu tun, zu erzählen, sich dort auszutoben. Danach wird es, zumindest mit Ian McKellen als Gandalf, wohl nie wieder – oder zumindest für die nächsten paar Jahrzehnte – eine Reise dorthin geben, und wenn, wird man ihn daran wahrscheinlich nicht beteiligen.

Also versucht er die Zeit, die er in Mittelerde verbringen kann, so sehr auszukosten, wie es möglich ist. Dass dabei ein wenig das Gegenteil vom „Herrn der Ringe“ herauskommt, ist ein bisschen schade. Denn wo man bei HdR alles überflüssige Fett wegschneiden musste, um aus einem dicken Buch einen funktionsfähigen Film zu machen, arbeitet man hier – leider! – umgekehrt. In ein dünnes Buch wird alles an Fett, das man noch zur Verfügung hat, hineingequetscht. Ob Tom Bombadil, den ich bei HdR nicht vermisst habe, hier wohl ein Gastspiel geben wird? Wir wissen es nicht. Noch nicht.

Ich kann Peter Jacksons Grund, wenn er das denn ist, durchaus nachvollziehen, ich finde es nur ein wenig schade, dass das Ergebnis dadurch weniger optimal wird, als es hätte sein können. Vorschlag zur Güte: Statt einer „Extended“ Fassung wäre schön, wenn Peter Jackson irgendwann eine „Kurzversion“ herausbringt, in der man sich nur auf die eigentliche Handlung aus dem Buch beschränkt. So, wie es jetzt ist, lässt es sich am besten beschreiben mit einem Satz, den ausgerechnet Bilbo im „Herrn der Ringe“ sagt: „Zu wenig Butter verstrichen auf zuviel Brot.“

Kleine Geschichte, großer Film

Unterm Strich muss man sich einfach darauf einlassen, dass das hier eine kleine Geschichte ist, die in einer epischen Weise erzählt wird. Dass der Film dabei die komplette Struktur von „Die Gefährten“ kopiert… na ja, das ist halt so. Es beeinträchtigt mein Vergnügen am „Hobbit“ nicht. Von all den oben genannten Kritikpunkten abgesehen schafft der Film nämlich etwas, das in den letzten Jahren weder Star Wars noch Bond noch Trek noch Indy noch sonst irgendein Franchise geschafft hat: Er fühlt sich richtig an. Man hat das Gefühl, in Mittelerde zu sein, im Auenland, in Bruchtal. Das Aussehen stimmte, die Musik stimmte, das Gefühl stimmte. Und deshalb mag ich den Film!

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von Martin Cordemann

„Das ist nicht das ‚Star Trek’ eurer Eltern!“

So oder so ähnlich wurde damals für J.J. Abrams Neustart von „Star Trek“ geworben. Und es stimmt. Naja, nicht ganz. Meine Eltern hatten kein „Star Trek“, weil sie die Serie nicht mochten. „Raumschiff Enterprise“ war meine Serie, insofern ist die Aussage schon mal falsch.

Was sie in Wirklichkeit meinen ist folgendes: In Dokus sieht man immer wieder Leute wie Leonard Nimoy, die sich einen darauf runterholen, wie wichtig bei „Star Trek“ der wissenschaftliche Aspekt ist und dass man mit Wissenschaftlern zusammenarbeitet, damit auch ja alles stimmt. Das war das „Star Trek“ unserer/eurer/irgendwelcher Eltern – beim neuen „Star Trek“ scheißen sie auf wissenschaftliche Korrektheit (siehe „Star Trek“ (2009)). Insofern ist die Aussage natürlich absolut richtig… wenn auch ein bisschen traurig. Aber kommen wir zu…

„Star Trek Into Darkness“

Hinweis! WICHTIG!!! Wenn Sie den Film noch nicht gesehen haben, dann lesen Sie jetzt nicht weiter! Ich will Ihnen den Film nämlich nicht versauen – das soll er schon ganz alleine machen.

„Star Trek Into Darkness“ beginnt mit einem Novum: Es ist der erste „Star Trek“ Film, der keinen deutschen Titel bekommen hat. („Nemesis“ zählt da nicht wirklich, für alle, den anführen wollten!) Das ist neu und auch das zeigt uns, dass das nicht das Trek meiner… Sie wissen schon.

So, ab hier wird es etwas knifflig. Ich werde so ziemlich alles verraten, was es zu verraten gibt, aber Sie waren ja gewarnt. Am Anfang fand ich den Film richtig geil! Da war Action (und viel Gerenne, das wird sich in zukünftigen Filmen wohl nicht umgehen lassen), es war so, wie die Landeausflüge heutzutage sind, aber es hatte ein Feeling davon, wie Trek halt in dieser Zeitlinie aussehen würde. Kirk setzt sich über die Hauptdirektive hinweg, das ist auch nichts neues, dass man ihn dafür zur Rechenschaft zieht, schon.

(Über die Logik dahinter spekulieren wir mal nicht, da die Hauptdirektive in meinen Augen eh ein paar Schwächen hat. Die Situation hier zeigt ebendiese Schwächen auf: Kirk hindert einen Vulkan daran, auszubrechen und dadurch ein Volk zu vernichten, aber das Volk, das noch nie einen Fremdweltler gesehen hat, sieht ihn und deshalb kriegt er Ärger. Unterm Strich wäre das Volk ohne sein Einreifen aber tot und da ist das doch ein geringer Preis, dass man statt sie sterben zu lassen ihnen ein neues Gottheitsbild (die Enterprise) gibt. Soviel zum Thema innere Logik – und schade, dass man auf dieses Volk am Ende nicht noch mal eingeht.)

Dann geht’s los

Terrorismus, Explosionen, Verfolgungsjagd. Und die Enterprise funktioniert nicht richtig, hat sie in der Serie auch nie, wär ja auch sonst langweilig. Alles sehr schmissig und schnell und gut… aber dann kommen wir zur klingonischen Heimatwelt. Es gibt noch einen herrlichen Beziehungsstreit zwischen Uhura und Spock, doch ab da geht es dann rapide abwärts. Irgendwie verliert der Film an Bewegung, Spannung, und mich verliert er auch.

Für jemanden, der zu viele Filme gesehen hat (ich) oder sich im „Star Trek“ Universum zu gut auskennt (wieder ich) bietet er ab hier leider keine wirklichen Überraschungen mehr, bzw. das, was als Überraschungen angelegt war, ließ sich leider viel zu leicht durchschauen. Das wird bei den meisten vielleicht nicht so sein, aber mir ging es leider so.

Dass, wenn es eine Carol gibt und einen Admiral Marcus, man nur zwei und zwei zusammenzählen muss, ist nicht wirklich eine Herausforderung. Als der Mann in der Zelle von den Torpedos spricht, die man sich mal genauer ansehen sollte, ist dem fachkundigen Trekkie klar, was sich nur darin befinden kann. Und auch wie Spock das Problem mit dem gegnerischen Schiff lösen wird, erschien mir relativ offensichtlich… ebenso wie die nachgerade peinliche Wiedererweckung Kirks.

Homage à trois

Eine grenzenlose Frechheit ist aber, dass sie am Schluss nicht nur das Ende von „Der Zorn des Khan“ klauen, sondern auch die Dialoge fast 1 zu 1 übernehmen, nur eben mit anders verteilten Rollen. Das ist keine Homage mehr, Freunde, das ist schlicht und einfach geklaut! Schönreden bringt da nichts. Es fehlte nur noch das „Ich war es immer, und werde es immer sein, Ihr Freund“… aber ich glaube, das hatten wir schon im letzten Film verbraten.

Das Ende ist wirklich eine Frechheit, da gibt’s nichts dran rumzudiskutieren. Das ist keine „liebevolle Anspielung“ sondern krudes Abkupfern. Ist aber noch nicht alles, was wir bei Trek schon mal gesehen haben. Neben den starken Einflüssen (ha!) bei Khan, mischt sich der Handlungsstrang um Ex-„RoboCop“ Peter Weller (alias der Großvater von Kirks noch ungeborenen (und unempfangenen) Sohn) aus zwei anderen Trek-Geschichten munter zusammen. Dass Admiräle der Sternenflotte einen Krieg mit den Klingonen vom Zaun brechen wollen und dabei über Leichen gehen, hatten wir schon „Star Trek 6: Das unentdeckte Land“. Darüber hinaus kommt noch eine Prise von der großartigen Doppelfolge „Homefront“ und „Paradise Lost“ aus „Star Trek: Deep Space Nine“ dazu, in der Robert Foxworth einen Admiral gespielt hat, der ebenfalls das Kommando über die Erde übernehmen will, weil sie in dem kommenden Krieg eine starke Führung braucht. Und den Sprung von einem gehandicapten Raumschiff zum anderen macht Data in „Nemesis“ vor. Hatten wir also schon, wie auch…

Die Musik

Bond benutzt kein Bond Thema mehr, warum sollte „Star Trek“ da seine eigene Erkennungsmelodie benutzen. Im ersten Film der neuen Zeitlinie konnte man es ja noch damit rechtfertigen, dass (ebenfalls wie bei Bond) die Leute erst in den Anfängen stecken und erst am Ende da sind, wo wir sie von früher kennen – und dann haben sie sich das Thema verdient (genau wie bei „Casino Royale“). Statt also hier mehr „Star Trek“ in den Sound zu mischen, was besonders bei der Anfangsszene gepasst hätte, bevor es „in die Dunkelheit geht“ (was eigentlich nie passiert!), kopiert Herr Michael Giacchino seinen Soundtrack vom letzten Mal nahezu 1:1 (so, wie man die Sterbeszene aus „Khan“ 1:1 kopiert hat), ja, genau genommen war beim letzten Mal die Trek Fanfare sogar öfter drin als hier. Aber wer braucht so was schon?

Was vergessen? Ach ja, „Pille“. Erst dachte ich: Schade, man müsste mehr von Pille sehen, das ist sicher ein Spaß. Dann wurden seine Auftritte aber immer redundanter und er hat immer dasselbe gesagt, so dass es irgendwann nur noch nervig war. Chekov widerfährt das gleiche wie in der Serie: Er taucht zu selten auf und verpasst sein Treffen mit Khan. Oh, und die Chemie zwischen Kirk und Spock, als sie sich am Ende ihre ewige Lieb… Freundschaft gestehen… klingt wie „steht im Drehbuch, merkt man euch aber nicht an“. Das haben Shatner und Nimoy besser hingekriegt. Ah, Hinweis auf Nimoy. In seinem sehr interessanten Interview mit dem Slashfilmcast (http://www.slashfilm.com/filmaid-broadcast-part-3-damon-lindelof/) sagt Damon Lindelhof (Ko-Produzent und -Autor von „Into Darkness“), dass Nimoy für den letzten Film natürlich die Nummer 1 auf ihrer Liste gewesen wäre, die Nummer 2 aber war… Nummer 1. Also Riker, für alle die in Trek nicht so versiert sind. Gut, dass dieser Kelch an uns vorbeigegangen ist – und dann hätte diese eine Szene in diesem Film auch nicht so richtig funktioniert.

Fazit

„Für Leute wie mich machen sie keine Filme mehr.“ Das ist richtig. Aber Serien. Wie zum Beispiel das großartige „Sherlock“ mit Benedict Cumberbatch… der hier irgendwie auch nicht so richtig wirkt. Extrem schade. Tja, wie gesagt, bis Kronos fand ich’s ziemlich geil, danach hat mich das Sammelsurium von zusammengeklauten Handlungselementen nicht mehr vom Hocker gehauen.

Ganz ehrlich, wenn Sie einen wirklich guten „Star Trek“ Film sehen wollen, dann empfehle ich Ihnen „Star Trek II: Der Zorn des Khan“. Der ist spannend, intelligent, die Leute setzen sich mit ihrem Alter auseinander… das ist mein „Star Trek“!

DoubleDSexy20SchwarzesLoch

von Martin Cordemann

Willkommen bei „Popkulturelle Differenzen“!

Hierbei geht es um Filme, Serien, Bücher… aber das haben Sie in der Überschrift ja schon gelesen. Nur ist es eben so, dass nicht jeder alles gut findet. Oder ich, in dem Fall. Und dies wird ab und an der Ort sein, um meine Meinung zu bestimmten Filmen o.ä. kund zu tun – die von Ihrer möglicherweise abweichen wird. Oder von der Meinung vieler, der Meinung „der Masse“ wie man so unschön sagt. Zum Beispiel bei „Skyfall“, den alle gut fanden… aber dazu kommen wir später.

Nebenbei wird es hier diverse unnütze Informationen geben, die Sie auf keinem Partygespräch zur Anwendung bringen können, z.B. über die Synchronsprecher verschiedener Filme… aber auch dazu kommen wir zu gegebener Zeit.

Eine Sache sollten Sie vorher wissen: Wir werden wohl nicht immer einer Meinung sein! Und: Sie sollten die Filme und Serien am besten vorher gesehen haben, denn sonst wird Ihnen zuviel verraten. Zwei, zwei Sachen sollten Sie vorher wissen!

Gut, dann fangen wir mal an. Die meisten Leute waren begeistert von J.J. Abrams neuem „Star Trek“. Die meisten… aber Sie wissen ja, warum wir hier sind.

„Star Trek“ von J.J. Abrams

Ja, gut, machen wir uns nichts vor, der Film ist nicht schlecht. Er ist schnell, es wird viel herumgelaufen, viel geschrieen – so wie Filme halt heute sind. Nach den grauenvoll synthetischen und seelenlosen „Star Wars“ Prequels von George W. Lucas war das aber schon fast eine Wohltat, denn statt alles vor einer blauen Wand zu filmen und die Hintergründe später einzubauen hat man hier tatsächlich Sets gebaut, was man den Szenen auch anmerkt. Wohltuend anmerkt! Das Highlight des Films war natürlich Karl Urban, der als Dr. McCoy genau den Ton des Originals trifft (in der deutschen Fassung ist es Tobias Kluckert, der nicht nur Urbans Spiel perfekt mitmacht, sondern es auch schafft, wie das fehlende Glied zwischen Manfred Schott und Randolf Kronberg zu klingen, den beiden wichtigsten deutschen Stimmen von „Pille“ – eine hervorragende Arbeit, die man gar nicht genug loben kann!). Man hätte sogar einen phantastischen Neuanfang aus diesem Film machen können… wenn man nur zwei größere Kleinigkeiten geändert hätte.

Der Anfang

Es ist eine Last, wenn man sich zu gut mit etwas auskennt – und wenn es sich dabei um „Star Trek“ handelt, ist das schon fast der gesellschaftliche Tod. Nach eigenen Angaben haben sich die Macher des Films darum bemüht, viele Details aus der Originalserie einzuflechten. Einer der Admiräle heißt laut seinem Namenschild z.B. „Komack“; mit einem Admiral dieses Namens hat Kirk in der Folge „Weltraumfieber“/„Pon Farr“ („Amok Time“) zu tun. Ist also ein nettes Detail. Dann landet Kirks Rettungskapsel auf „Delta Vega“. Auch eine Anspielung auf einen Ort, den es in der Originalserie gab… nur, dass der da am Arsch der Welt bzw. der Galaxis lag und nicht direkt nebenan vom Vulkan. Das ist aber nur eine Kleinigkeit. Wo man wirklich die Brücke zwischen alt und neu hätte perfektionieren können, ist die Szene am Anfang.

Die „USS Kelvin“ ist das Schiff, das die Anomalie findet, zerstört wird, Kirks Vater opfert sich, während Kirk an Bord des fliehenden Shuttles geboren wird. Tod, Geburt, alles dramatisch und schön. Als Hardcorefan darf ich mich aber bitte über zwei kleine Details mokieren: Warum ist da eine schwangere Frau an Bord? Die Sternenflotte reist mit Familien erst im „nächsten Jahrhundert“ zu Picards Zeit. Aber okay, vielleicht unterwegs geschwängert worden, kann ja mal passieren, wenn man auf so ner langen Weltraumreise nicht viel zu tun hat.

Dann wiederum wirkt es aber so, als würde sich das ganze relativ weit von der Erde zutragen. Eigentlich wurde Kirk ja wohl in Iowa geboren, nur wird hier die Zeitlinie verändert und alles geht ein bisschen anders. Wenn er aber geboren wird, kurz nachdem das Schiff zerstört wird… Ja, ich weiß, ich gehe zu logisch an die Sache heran und darf mir nicht die Frage stellen, wie das Schiff es denn dann sonst noch rechtzeitig zur Geburt zur Erde geschafft haben sollte, wenn man die Zeitlinie nicht vermurkst hätte. Und, machen wir uns nichts vor, darüber wird sich eh keiner Gedanken machen, weil es nur die wenigsten wissen… wahrscheinlich zu recht.

Die „USS Kelvin“

Das andere Detail, das mich am Anfang ein wenig stört und das man problemlos anders hätte machen können, ist die „USS Kelvin“… genau genommen die folgenden Punkte: Design, Größe, Uniformen. Das sieht nämlich alles so aus, als wäre es schon die neue Zeitlinie.

Sicher, Abrams wollte einen schmucken Actionfilm machen und da sollte dann auch alles ganz cool aussehen. Trotzdem wäre es schöner gewesen, wenn man sich hier eher an den älteren Designs orientiert hätte. Das Schiff mit zwei Warp-Gondeln und orangenen Turbinen, die Uniformen so, wie man sie bei „Star Trek: Enterprise“ trug und schon hätte man die alte Zeitlinie, die durch neue Zeitlinie ersetzt wird.

Und dann noch die Größe des Schiffs. In der alten Zeitlinie fasst Kirks „Enterprise“ (die ja erst rund 20 Jahre später gebaut wird) 430 Leute – Maximum! Warum zum Henker muss die blöde „Kelvin“ dann 800!!! Leute an Bord haben? Auch da wäre ein Blick auf das Original schön gewesen… aber 800 ist natürlich dramatischer. Und heroischer. Und wichtiger. Und, machen wir uns nichts vor, „Star Trek“ ist mit seiner eigenen Kontinuität auch immer schlampig umgegangen, also was reg ich mich eigentlich auf?

Angewandte Plot-hole-Theory

Das war meine Kritik vom Standpunkt des Fans, der mehr weiß, als gut für ihn ist. Kommen wir nun zu meiner Kritik vom Standpunkt eines Menschen, der bei einem Film mehr denkt, als gut für ihn ist. Nämlich überhaupt. Die Sache mit der Zeitreise und dass eine neue Zeitlinie entsteht ist sehr clever und eigentlich wirklich gut, weil es den Machern die Möglichkeit eröffnet, die Handlung zukünftig in jede Richtung weiterzuentwickeln, ohne je Gefahr zu laufen, für Fehler in der Kontinuität zu sorgen. Dass man den originalen Spock gebraucht hat, sagen die Macher, um diese Prämisse mit der richtigen Autorität zu verkaufen. In meinen Augen hätte es auch ohne funktionieren können, aber es stört auch nicht weiter.

Was dagegen weiter stört, ist all das, was sie um diese Geschichte herum gebaut haben, oder kurz gesagt: Nero!

Fassen wir mal zusammen: Romulus (die romulanische Heimatwelt) läuft Gefahr, durch eine Supernova zerstört zu werden, die „die ganze Galaxis“ zerstören soll (wissenschaftlich völliger BULLSHIT!!! Und ich verwende hier bewusst das englische Wort. Es ist Schwachsinn von Leuten, die Ahnung von Fiction aber nicht von Science haben. Selbst Spock, der es eigentlich besser wissen sollte, labert irgendeinen Stuss von der Zerstörung der Galaxis durch diese Nova… WÜRG! Eine Nova ist eine Sonne, die ein paar Spuren größer wird – unsere Galaxie besteht aus zig Millionen Sonnen, die extrem weit auseinander liegen… es ist also schlecht (gar nicht) recherchierter Mist!).

Statt nun also den Planeten zu evakuieren, was vernünftige Leute getan hätten, wartet man scheinbar vor dem Kamin sitzend darauf, dass Spock (allein!) von Vulkan mit einem Wundermittel kommt und sich alles (die Supernova) in Wohlgefallen (schwarzes Loch) auflöst. Spock kommt nun aber zu spät, weil er beim Warp-through in der Schlange aufgehalten wurde oder was auch immer, die Sonne macht die Nova und alle Romulaner, die blöd genug waren zu warten, dass irgendjemand anders ihre Probleme löst, gehen drauf. (Da kommt mir gerade die Theorie, dass die Romulaner, die immer als cleveres Volk bezeichnet werden, vielleicht auch gedacht haben, dass die Theorie mit „Supernova zerstört Galaxie“ schwachsinnig klingt und vielleicht deswegen nichts unternommen haben…)

Unter den Opfern war aber auch – denn sonst hätten wir diesen Film gar nicht – Neros Frau.

Nero burning Plot

Nero ist – entgegen so ziemlich aller Romulaner, die wir bisher getroffen haben – kein Soldat, sondern ein hart arbeitender Joe Jedermann, der mit seinem gigantisch großen Raumschiff mit brutal effektiven Waffen durch das Weltall reist und auf ehrliche Art sein Geld verdient… oder was auch immer. Seine Frau, die laut ihrem Hologramm der üblichen romulanischen Haarmode (Bubikopf) getrotzt hat, war, wie sich das gehört, zu Hause am Herd geblieben, bis jemand vergessen hat, dass der Herd einer Sonne noch an war und sich das alles in Unwohlgefallen aufgelöst hat. Freund Nero ist ob des Todes seiner Frau jetzt ein wenig angepisst und statt sich selbst Vorwürfe zu machen, dass er sie ja selbst vielleicht mal hätte evakuieren können, als er von einer drohenden Gefahr hörte, machte er das, was die meisten Leute gerne tun: Er schiebt die Schuld auf andere. In dem Fall Spock.

So verfolgt er Spock durch ein Wurmloch in die Vergangenheit, nur um a) dessen Planeten zu zerstören und ihn b) dabei zusehen zu lassen, damit er c) das fühlt, was er (Nero) gefühlt hat – wobei er vergisst, dass d) Vulkanier keine Gefühle haben (bzw. sie unterdrücken). Das wäre ja vielleicht noch so gerade eben ein Plan, den man nachvollziehen könnte. Aber wir sind ja noch nicht am Ende.

Inzwischen hat Neo… äh, Nero nämlich seinen Plan der neuen Situation angepasst. Jetzt reicht es ihm nicht mehr, Vulkan zu zerstören, jetzt soll die ganze Föderation dran glauben. Captain Pike wirft ihm (zu Recht) vor, das wäre Völkermord – worauf Nero antwortet, dass er dadurch einen Völkermord verhindern würde. Und das ist der Punkt, wo ich mir wünschen würde, dass man nur 10 Minuten mehr Arbeit in das Drehbuch und die Motivation gesteckt hätte. Denn: Wie verhindert die Zerstörung der Föderation EINE NATURKATASTROPHE???

Es ist – und ich verwende es wieder bewusst – BULLSHIT! Völliger Schwachsinn. Man wird jetzt einwenden, dass das ja Rache ist und der Mann nicht klar denkt… Das macht es nicht weniger schwachsinnig. Ehrlich, Freunde, man hätte da eine Motivation konstruieren können, die mehr Sinn ergeben hätte. Wenn die Föderation hinter der Nova gesteckt hätte, z.B. weil sie den Sektor braucht, um eine neue Hyperraumumgehungsstraße zu bauen, damit könnte man arbeiten. Aber dass er die Leute umbringt, die verhindern wollten, dass die Katastrophe geschieht… nein! Und warum ausgerechnet Spock alleine mit einem Raumschiff, ohne Begleitschiffe, ohne Hilfe von der Föderation, er ganz allein… auch das will nicht so recht einen Sinn ergeben.

Wenn man also diese wenigen Details etwas anders gehandhabt hätte, dann wäre das wahrscheinlich ein Film geworden, an dem ich viel weniger herumzumeckern gehabt hätte. Beim nächsten Mal kümmern wir uns dann, wenn alles gut geht, um „Star Trek Into Darkness“ und schauen, was ich daran herumzunörgeln habe…

Halb_Fiction151

von Martin Cordemann