Hilfe, die Aliens kommen!

– aus unserer Reihe: „Filmverriss“

Der gemeine Außerirdische ist… naja, ein gemeiner Außerirdischer halt. Wobei mit „gemein“ „fies“ und „böse“ gemeint ist. Der kommt hierher, um uns die Jobs wegzunehmen… nee, um unsere Frauen flachzulegen… nee, um… ach, um alles kaputt zu machen, genau! Streng genommen ist das eigentlich sein einziges Anliegen, wenn man die diesbezüglichen Filme zu Rate zieht. Denn die Außerirdischen kommen hierher, um, wie Will Smith es in „Independence Day“ sehr treffend sagt, „hier herumzupöbeln“. Leider ist das das einzige treffende, was Will Smith in dem ganzen Film von sich gibt. Oder sonst jemand.

„Unabhängigkeitstag – der Film“

Es ist so schade, dass so wenig Filme von Roland Emmerich einen korrekt übersetzten Titel bekommen, denn dann würde der zu Unrecht erfolgende Erfolg an der Kinokasse wahrscheinlich ausbleiben. Werke wie „Unabhängigkeitstag“ oder „Übermorgen“ würden wohl direkt ihren Reiz verlieren – und nicht erst, wenn man sie sieht.

Aber kommen wir zurück zum „Independence Day“, ein wahrhaft symbolisches Datum (für den Amerikaner), um die Aliens in die Flucht zu schlagen. Hier muss man unterscheiden zwischen „bösen Aliens“ (Außerirdische) und „illegal Aliens“ (Mexikaner), wobei es dem Amerikaner bisher nur gelungen ist, sich eine der beiden Kategorien erfolgreich vom Hals zu halten.

Machen wir uns nichts vor, wenn die Außerirdischen aus den Tiefen des Weltraums hierher kommen, um uns eins aufs Dach zu geben, dann sollten sie einen von zwei Gründen haben:

a) sie finden die Menschheit blöd und wollen verhindern, dass die irgendwann ihren Planeten besucht, um sie zu vernichten (was passieren würde, wenn es die Menschheit irgendwann schaffen würde, ihren Planeten zu verlassen)

b) sie benötigen Wasser und Brot… nee, Sauerstoff, Wasser und Sauerstoff und die Temperaturen hier, also quasi die Lebensbedingungen auf der Erde, denn für alles andere wie Naturschätze und so bieten sich andere Himmelskörper garantiert mehr an

Was, Sie meinen, es gäbe noch

c) um die Menschheit als billige Arbeitskräfte zu versklaven?

Ganz ehrlich, wer so weit reisen kann, sollte genug Ahnung von Technik haben, um sich ganze Armeen von Robotersklaven zu bauen, also ich glaube, das können wir ausklammern.

Good Look… äh, Luck!

Man kann ja viel Schlechtes über die Filme von Roland Emmerich sagen – und wenn ich mich dazu aufraffen würde, würde ich das auch – aber die Effekte sehen meistens einfach ziemlich klasse aus. Die Bücher sind beschissen, die Handlung ist doof, aber die Effekte sind großartig. Ob nun die Welt untergeht („Independence Day“), die Welt untergeht („The Day After Tomorrow“) oder die Welt untergeht („2012“) – es sieht immer gut aus. Nicht so gut, dass man sich wünschen würde, dass bald die Welt untergeht, damit man das im Vergleich sehen könnte, aber schon recht gut. Wie gesagt, das Problem liegt in den Büchern…

Und nein, man kann sich mit einer Invasion durch Außerirdische intelligent auseinandersetzen. Kenneth C. Johnson hat das mit seiner Serie „V“ in den 80ern bewiesen. Das ist also kein Argument. Dass diese Serie bzw. deren Anfangssequenz durchaus als Blaupause für den Beginn dieses Films herhalten kann, sei einmal dahingestellt. Also was passiert…

Nur Schwachsinn! Vermengt mit zu vielen Figuren, die Tiefe vorgaukeln sollen, was aber nicht funktioniert. Der alkoholkranke Pilot und Vater von drei Kindern, der von Außerirdischen entführt wurde und es ihnen nun heimzahlen kann. Der Pilot und die Stripperin. Der Präsident und seine sterbende Frau. Der Mann. Die da. Und Animal Mother aus „Full Metal Jacket“. Das fand ich schön, dass man hier erfährt, was später aus dem Vietnam-Veteranen geworden ist und dass er jetzt in „Area 51“ arbeitet… nehm ich jedenfalls an, dass das dieselbe Figur ist. Und dann ist da noch Jeff Goldblum, der dem Film krampfhaft eine Aussage aufzwingen soll, indem er Recycling betreibt, aber nicht verhindert, dass jemand einer Atombombe über eine Stadt abwirft – GEEEnau!

Außerirdische Intelligenz…

…sucht man hier vergebens, denn wenn sich die Außerirdischen von den blöden, kriegsgeilen Amerikanern übertölpeln lassen, dann kann man sie wohl kaum als intelligent bezeichnen. Ihr ganzer Angriffsplan stinkt nach Idiotie. „Sie benutzen die Satelliten der Erde, um ihren Angriff zu koordinieren.“ Völlig idiotisch. Hinkommen, alles zerbomben und gut. Da ist es doch scheißegal, ob man das gleichzeitig macht oder nicht, wenn man eine überlegene Waffentechnik hat, kann es einem völlig egal sein. Und dann bombardieren sie unwichtige Wohnwagensiedlungen, lassen aber ganze Flugplätze mit Düsenjägern intakt? Was n das für’n Plan? Wie doof sind denn diese Außerirdischen? Ganz ehrlich, die verdienen es, zu verlieren!

Aber natürlich nicht ohne ein Maximum an Unglaubwürdigkeit. Das Raumschiff, das seit den 50ern in einer Garage des Militärs vor sich hingammelt, wird nun von einem inkompetenten Piloten geflogen, obwohl es sonst nie einer in Bewegung bekommen hat. Unter der Tragfläche eine gigantische Bombe, die die Außerirdischen natürlich nicht bemerken, als man damit bei ihnen ins Mutterschiff hinein fliegt. Und die überaus glückliche Annahme, dass alle Tochterschiffe an der gleichen Strom/Energie/Virusquelle hängen und man mit einem Virus direkt die Schutzschilde der ganzen Flotte lahm legt, hey, das hätte auch derbe daneben gehen können. Und sollen, wenn die Außerirdischen nicht solche Deppen wären!

Pat Riotitmus

Mit das Schlimmste an diesem Film ist aber der zum Kotzen ausgebreitete Patriotismus. Und das von einem deutschen Regisseur, was das ganze noch peinlicher macht. Aber dass am Ende das gute Militär siegt, das baut auf. Hurra! Und dann noch die Brechreiz erregende Episode, wenn Animal Mother den Kindern des versoffenen Piloten dazu gratuliert, dass ihr Papa jetzt tot ist. Äh, dass er ein Held war – und deswegen jetzt tot ist. Irgendwas in der Art. Zum Kotzen!

Relativ zeitgleich kam ein anderer Film heraus, der sich mit einer ähnlichen Thematik beschäftigte, wenn auch auf eine weit realistischere Art und Weise. Gemeint ist natürlich Tim Burtons „Mars Attacks!“, der zwar auf den ersten Blick wie eine Parodie auf „Independence Day“ wirkt, auf den zweiten Blick aber durchaus eine sein könnte. Und wenn man die beiden Arten vergleicht, wie man über die Außerirdischen siegt, dann finde ich die bei „Mars Attacks!“ wirklich weit glaubwürdiger!

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von Martin Cordemann

Once upon a time in the Text

– Schreib mir das Lied vom Tod

Noch mehr Englisch, noch mehr schlechte Übersetzungen.

Beginnen wir doch mit der Werbung. Die benutzt ja bekanntlich gerne englische Ausdrücke, weil das ja viel moderner und hipper klingt – und hat damit einen großen Anteil daran, dass die deutsche Sprache immer mehr anglifiziert wird.

Denn einfachste deutsche Begriffe werden heute nicht mehr verwandt, ein Schicksal, dem der arme Speck zum Opfer gefallen ist. Gut, Speck klingt nicht sexy, Speck klingt nach dick, nach auf den Hüften, nach dem Gegenteil von einer Bikinifigur. Aber die kriegt man auch nicht, wenn man sich Schaufelweise den „Bacon“ in den Mund stopft. Ja, meine lieben Freunde, der Bacon hat den Speck abgelöst, nicht Francis, nicht Kevin, schlicht Der. Ruhe in Frieden, Freund Speck, denn deine Tage sind gezählt.

SchreibMirD

Aber bleiben wir noch kurz bei der Werbung, denn die beschert uns ja hin und wieder die furchtbarsten Begriffe. Unkaputtbar ist einer davon, aber der war wenigstens erfunden. Aber welches blöde Arschloch hat eigentlich die „Cerealien“ verbrochen, hm? Die hießen bei uns immer schon „Cornflakes“ oder „Frühstücksflocken“ und auch wenn das nicht alles Cornflakes waren, so hatte sich dieses Wort doch als Oberbegriff durchgesetzt – ganz genauso, wie das zum Beispiel auch in Amerika der Fall ist, ihr blöden Flaschen! (Gemeint sind die Cerealien-Arschlöcher, nicht Sie, werter Leser/werte Leserin/liebes Kind, du solltest so was nicht lesen, hier werden unflätige Worte verwendet!) „Xerox“ war, wenn ich recht informiert bin, ein Unternehmen/Kopiergerät und so wurde davon abgeleitet „to xerox“, was sich als Allgemeinbegriff für kopieren durchgesetzt hat – gleiche Schiene wie Cornflakes. Oder „Tesafilm“, das bei uns allgemein für Klebeband steht. Oder „Tempo“, das bei uns zum Begriff für Papiertaschentuch geworden ist. Also warum musste nun irgendein Vollarsch feststellen, dass Frühstücksflocken in Amerika ja „cerials“ heißen und es für eine gute Idee halten, den hier bislang (völlig zu Recht) unbekannten Begriff „Cerealien“ einzuführen??? Wenn es einen Preis für schlechte Werbung gibt, dann gehört er dieser Person anal eingeführt! (Liebe Kinder, fragt eure Eltern, was das heißt!) Ja, das regt mich auf!

SchreibMirBAD

Wo wir aber schon mal beim Englischen sind, eine Binsenweisheit sagt ja, dass das Englische normalerweise kürzer ist als das Deutsche… oder dass das Deutsche länger ist als das Englische. Was stimmt! Und was Synchronisationen schwieriger macht, da man mehr Wörter braucht, um das Gleiche zu sagen, was sich wahrscheinlich auf Satzlänge und Sprechgeschwindigkeit auswirkt. Sie können ja auch mal die Sprechblasen in den Übersetzungen vergleichen, Deutsch braucht für gewöhnlich einfach mehr Worte. Für gewöhnlich, aber nicht immer!

Denn es gibt Begriffe, die im Deutschen kürzer sind. Das mag überraschen, aber es ist so. Nicht viele, aber sie sind da. Zum Beispiel Puzzle. Mars. Snickers. Barbie. Und Ken. Das sind Begriffe, die bei uns für sich stehen können und jeder weiß sofort, was gemeint ist. Im Amerikanischen ist das jedoch ein wenig anders. Hier sind sie noch um einen Anhang erweitert, es ist der „Mars bar“, also der „Mars Riegel“ und die „Barbie doll“, die „Barbie Puppe“. Außerdem scheint das Puzzle stets ein „Jigsaw Puzzle“ zu sein. Bei uns reicht es, ein „Eis“ zu essen, in Filmen bestellen die Leute aber auch gerne „Eiskreme“, da man mit Eis alleine dort wohl nicht weiter kommt und der Begriff Speiseeis „ice cream“ ist. Selbst unser schlichtes „Comic“ wird durch den amerikanischen Begriff „comic book“ gleich zum „Comic Buch“ aufgeplustert, obwohl ein (nicht lippensynchrones) „Comic Heft“ der Sache doch gleich viel näher käme. Aber wahrscheinlich dürften das tatsächlich eher die Ausnahmen sein.

SchreibMirE

Gute Übersetzungen, von Büchern wie von Filmen, zeichnen sich durch eine stimmige Übersetzung aus. Doch auch hier schleichen sich hin und wieder Worte ein, die da eigentlich nichts zu suchen haben und die dadurch ein wenig herausstechen.

Nehmen wir den Paul Verhoeven Film „Fleisch und Blut“. Der spielt nicht nur im Mittelalter, sondern auch in Spanien (oder Portugal oder Italien). In einem solchen Zusammenhang, also weniger die Zeit als vielmehr der Ort, passt es nicht ganz, wenn einer der Soldaten als „Captain“ bezeichnet wird. „Hauptmann“ wäre hier stimmiger, da er offensichtlich kein Schiff hat, aber eben auch nicht den britischen Streitkräften angehört. Da der Film auf Englisch gedreht ist, hat man hier wohl einfach übernommen statt zu übersetzen.

Fast schon schlimmer macht sich die Anglifizierung aber in dem Film „Pathfinder“ aus. Der spielt Wasweißichwann in der Vergangenheit irgendwo im kühlen Skandinavien und doch ist von dem „Pathfinder“ die Rede. Gut, der „Pfadfinder“ würde wahrscheinlich irgendwie weniger cool klingen, aber was wäre denn bitte gegen den „Fährtensucher“ oder „-leser“ einzuwenden gewesen? Aber nein, es muss amerikanisch sein – und dadurch wird es unstimmig und streng genommen auch schlicht falsch.

Weniger ein Fehler aber irgendwie schade ist dann die Verwendung von Begriffen, die eigentlich nur über eine gewisse Zeitspanne verwendet werden, aber möglicherweise irgendwann wieder aus dem Sprachgebrauch verschwinden. Schade deshalb, weil sie einem Film das Zeitlose nehmen und ihn durch die Verwendung des Wortes direkt in einer Zeit verankern. Mein Beispiel hierfür wäre der Begriff „Weichei“ im ersten „X-Men“ Film.

DreiStripsSchreib

Ein positives Beispiel für eine stimmige Übersetzung sind zum Beispiel die „Star Wars“ Filme… die alten, natürlich! Die neuen übersetzen den Count ja nicht mal mehr in einen Grafen, was schon recht schwach ist. In den alten dagegen reden sich die altvorderen Kampfgegner in sehr ritterlicher Weise an, oder sagen wir, ritterlich klingender Weise, indem sie statt „Sie“ oder „du“ die altertümliche Form des „Ihr“ benutzen, was der Sache eine gewisse Klasse verleiht.

Zum Abschluss schleppe ich Sie nun vor den Altar. Sagt man bei uns schlicht „ja“ (oder „nein“, je nachdem), so ist es in den Übersetzungen der Filme immer ein enthusiastisches: „Ich will!“ Bei dieser Übersetzung drängt sich irgendwie der Verdacht auf, dass sie in erster Linie auf die Lippensynchronität zurückgeht. Im Englischen lautet die Antwort nämlich „I will“, was aber, wie wir wissen, nicht „Ich will“ heißt, sondern „Ich werde“ bzw. „Das werde ich“… aber ich denke, wenn man mal genauer darüber nachdenkt, dann ist die Bedeutung, die hinter den Worten steht, bei der deutschen Fassung doch eigentlich einen Hauch schöner.

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von Martin Cordemann

Heimliche Highlights

– aus unserer Reihe: „Es muss nicht immer Nörgeln sein“

Manchmal muss man die guten Filme suchen, manchmal stolpert man darüber. Zum Beispiel im Spätprogramm. Die Öffentlich Rechtlichen (ÖR) machen das ja gerne, dass sie gute, teure Filme einkaufen und die dann rund um Mitternacht zeigen. Und für eine solche Unverschämtheit bezahlt man diese Arschgeigen auch noch.

Wie dem auch sein, beim letzten Mal wurde

„Croupier“

angekündigt, der sich mir auch erstmals im Spätprogramm aufgetan hat. Der Film hat seine Schwächen, ist aber im Grunde solide – weshalb ich mir (und Ihnen) eine länger ausschweifende Lobpreisung dann doch erspare. („Solide“ sagt man dann, wenn ein Film handwerklich okay ist, aber man besseres kennt. Er ist halt nicht „toll“ oder „super“ oder „sexy“, sondern einfach „solide“. Man muss sich nicht ärgern, aber ein Galamenü ist es nicht.)

Clive Owen spielt die Hauptrolle und wenn man ihn so sieht, denkt man sich, dass er vielleicht gar kein so schlechter James Bond gewesen wäre. Immerhin ist er Brite. Aber wenn man sich dann seine anderen Filme ansieht, dann denkt man sich, dass es vielleicht doch ganz gut ist, der er nicht James Bond geworden ist, weil, soooo charismatisch ist er dann vielleicht doch auch nicht. Aber wenn man sich dann Daniel Craig als Bond ansieht… dann überdenkt man die Sache mit Clive Owen noch mal! Oh, es geht ums Glücksspiel, wenn Ihnen das der Titel des Films noch nicht verraten hat, und ums Schreiben. Kein schlechter Film… solide!

„Interstate 60“

Schonmal was davon gehört? Und bitte nicht verwechseln mit „Route 66“, das ist was anderes. Dieser Film hier ist sehr eigen. Spielerisch, clever, überraschend. Er nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise und macht ihn mit schrägen Orten und Figuren bekannt. Zum Beispiel einem Mann, der nur noch die Wahrheit akzeptiert, einer Stadt voller Anwälte, einer, wo die schlimmste Droge legalisiert ist… das ist abwechselungsreich, spannend und witzig. Der Film strotzt nur so voller Ideen.

Und er kann sogar eine gute Besetzung vorweisen. Gary Oldman muss hier zur Abwechselung mal nicht den Bösewicht geben – und das war noch vor seiner Zeit als Lieutenant/Captain/Commissioner Gordon. Chris Cooper darf zeigen, was er unter dem Anzug hat. Kurt Russell wird zum Kleinstadtsheriff. Christopher Lloyd zeigt uns ein paar Kartentricks. Und selbst Michael J. Fox erfährt die Nachteile des Zeitreisens am eigenen Leib!

Ein Film, der nicht nur seine Hauptfigur, sondern auch den Zuschauer zum Mitdenken anregen sollte – kein Wunder also, dass er kein Erfolg war!

„11:14“

Ein hübsches Puzzle. Wenn man nicht immer nur das gleiche Hollywoodschema vorgesetzt bekommen will (Mann trifft Frau, Mann isst Frau… ach nee, das war Hannibal Lecter!), wo man von vornherein weiß, wie es ausgehen wird, dann wäre dieser Film vielleicht eine Alternative. Obwohl man eigentlich von Anfang an weiß, wie es ausgeht. Denn streng genommen fängt er nicht mit dem Ende an…

Es ist eine Art Puzzle. Wir haben verschiedene Puzzlesteine. Oder genau genommen ist es vielleicht eher ein wenig wie „Dalli Klick“, für die älteren unter uns, die sich noch daran erinnern. Der Film beginnt mit einem Unfall, ziemlich genau um 11.14 Uhr in der Nacht. Doch genau genommen wissen wir zu diesem Zeitpunkt nicht, was eigentlich passiert und wie es dazu gekommen ist. Das erfahren wir nach und nach, in verschiedenen Sektionen aus dem Blickwinkel von verschiedenen Figuren, die sich nach und nach zu einem Gesamtbild zusammenfügen.

Dabei ist nichts so, wie es scheint und vieles bekommt durch eine veränderte Perspektive eine veränderte Bedeutung. Nach und nach baut sich das Gesamtbild auf, in dem sich mit dem Wissen über die Personen auch ihre Beurteilung durch den Zuschauer verändert. All das geschieht in einem Zeitraum rund um 11.14 Uhr.

Mit von der Schleuderpartie sind Hilary Swank, der spätere „Agent Coulson“ („Iron Man“ bis „The Avengers“) Clark Gregg und der schmutzige Tänzer Patrick Swayze. Ein Film für Leute, die nicht alles vorgekaut bekommen möchten und im Kopf gerne die Leerstellen selber ausfüllen.

„Red Rock West“

Nicolas Cage bevor er Nicolas Cage wurde. Hier spielt er noch richtig – und nicht furchtbar, wie später so oft.

Ach, es ist so traurig mit Künstlern. Solange sie noch erfolglos und hungrig sind, geben sie sich Mühe, aber wenn sie dann irgendwann fest im Sattel sitzen, wirken sie oft nur noch gelangweilt und desinteressiert. Sei es Bruce Willis, sei es Harald Schmidt: Am Anfang ihrer Karriere waren sie aus diesen Gründen weit besser als sie es dann später sind. Schade eigentlich.

Aber kommen wir zurück zum Film. Cage spielt einen Mann, dem das Schicksal nicht gut mitgespielt hat, u.a. auch, wie wir zu Beginn des Films sehen, weil er ein ehrlicher Mensch ist. Das hat ihm offenbar mehr Probleme eingebracht, als dass es ihm geholfen hat. Also verlässt er ein einziges Mal seinen tugendhaften Weg… und landet damit auf der Nase. Oder vielmehr: im Schlamassel!

Er wird in eine Affäre aus Mord und Intrigen und ein Nest namens „Red Rock“ hineingezogen und versucht fortan, all dem zu entfliehen. Doch so einfach ist das nicht und er versinkt immer mehr in diesem Sumpf… nur wegen einer einzigen Lüge. Und weil er im Grunde seines Herzens eben doch ein zu ehrlicher Mensch ist.

Mit von der Partie sind auch Sarah Flynn Boyle, Dennis Hopper und der König der Nebendarsteller J.T. Walsh. Es ist ein eher kleiner Film, einer, bei dem ein gutes Drehbuch mehr zählt als die Anzahl der Explosionen. Ich würde sagen, das ist durchaus sehenswert.

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von Martin Cordemann

Schwitzende Männer in rasselnden Rüstungen

– aus unserer Reihe: „Filmverriss“

Wenn Ihnen jemand vorschwärmt, was für ein männlicher Film „300“ ist, glauben Sie ihm kein Wort. „300“ ist der schwulste Film des Jahrhunderts, so schwul, dass er Schwulenpornos wie Heterobeziehungsdramen wirken lässt. Wer am männlichen Körper seine Freude hat, der sollte hier auf seine Kosten kommen.

Was dann neben den „harten“ Männern auch gerne hoch gehalten wird, ist die Ästhetik des Films. Und das muss man auch – denn viel bleibt ja nicht mehr. Die Handlung wirkt, als wäre sie bei „Herr der Ringe“ und dann wahrscheinlich natürlich der griechischen Mythologie zusammengeklaut, nichtsdestotrotz dürfte Tolkiens Werk (bzw. dessen Verfilmung) einen starken Einfluss gehabt haben, denn die Schlachtszenen wirken so, als wären sie dem Handbuch für Fantasyschlachten entnommen. Und an der Stelle, an der man (ich) dachte, jetzt wäre es aber Zeit, dass die Olyphanten angreifen… greifen irgendwelche Viecher an, die durchaus etwas Ähnliches darstellen sollen. Liebevolle Homage, lieblos abgekupfert, entscheiden Sie selbst.

Pathos war Grieche

Der größte Grieche, der in diesem Film auftaucht, ist aber nicht der schon ein bisschen albern daherkommende Xerxes, sondern Pathos. Pathos ist in jeder Szene, und wenn die Szenen Kinder und Enkel hätten, dann wäre er auch da drin. Als hätte jemand permanent gefragt: „Können wir da noch ein bisschen mehr Pathos reinquetschen?“ Und dann hätte jemand anders die große Quetsche geholt und kräftig gedrückt, bis einem der Pathos zu den Ohren wieder rausgekommen wäre. Wahrscheinlich ist so der im Film auftauchende Elephantenmensch entstanden, einfach nicht schnell genug unter der Quetsche weggekommen.

„300“ trieft vor Pathos, wie die XXXXXXXXX einer XXXXXXXXXXX (aus jugendrechtlichen und geschmacklichen Gründen zensiert). Fast lässt er „Independence Day“ und das darin vorkommende „Du kannst stolz auf deinen Vater (der ein versoffener Penner war, aber gerade gestorben ist, weil er blöd genug war, sein Flugzeug in das Raumschiff der Außerirdischen zu fliegen) sein“ weniger pathetisch erscheinen… aber nur fast. Ach, das war ja auch mehr Patriotismus als Pathos, und in der Hinsicht brauchen wir uns ja keine Sorgen zu machen, denn Spartaner gibt’s ja keine mehr. Darum geht es übrigens, wie uns eine der Schlüsselszenen des Films zeigt…

Schlüsselszene für Schlüsselkinder

Gut, die Spartaner haben keine Schlüssel, das war jetzt falsch gewählt, aber egal. In einer Szene steht die heldenhafte kriegserprobte voll hippe Truppe der Spartaner einer anderen Gruppe gegenüber, die sich ihnen in der Schlacht anschließen soll (oder so was, es ist länger her, dass ich den Film gesehen habe), und da fragt Captain Spartan Leute von den anderen:

„Was bist du?“

„Ich bin Bäcker.“

„Was bist du?“

„Ich bin Schmied.“

„Was bist du?“

„Ich bin IT-Berater.“

Dann wendet er sich seiner eigenen Gruppe zu, holt noch eine Flasche Pathos aus dem Rucksack und fragt: „Und was sind wir?“

„WIR SIND SPARTANER!“ ist die Antwort, wie aus einem Mund, also alle, also die Spartaner, das ist toll, und der IT-Berater ist traurig, weil seine Firma ihm damals keine Wohnung in Sparta besorgt hat, sondern irgendwo anders in Griechenland und da ist er jetzt kein Spartaner und sein Anführer hat auch kein Fass Pathos dabei, das er jetzt über seinen Leuten ausschüttet. Gut, unterm Strich heißt das jetzt eigentlich, dass keiner von den Spartanern ne vernünftige Ausbildung hat und in Friedenszeiten Stütze vom Arbeitsamt beziehen muss, weil er ja streng genommen arbeitslos ist… aber der Film stellt sich dieser Problematik nicht.

Machen wir an dieser Stelle mal einen kleinen Abstecher (das wäre eine gute Bezeichnung für einen kleinwüchsigen Killer, der mit dem Messer arbeitet) nach…

SPARTA… Kuss?

Nein, mit Spartakus hat das nichts zu tun. Das wäre ja das nach innen gewandte Denunziantentum… falls irgendjemand diese Anspielung versteht. „Nein, ich bin Spartakus.“ „Nein, ich bin Spartakus.“ „Ich bin Spartakus und meine Frau ist auch Spartakus!“ Nee, das war woanders her. Egal, zurück zum Film. Wir bekommen auch Sparta selbst zu sehen und das ist… also da fragt man sich… also ich weiß auch nicht. Da ist ein riiiiiiiiiesiger Brunnen oder so was mitten im Ortskern, son Loch, wo eigentlich die Fußgängerzone hingehört. Wobei, Brunnen ist es nicht, denn die schmeißen einen Ausländer da rein, was ziemlich rassistisch ist, denn der ist schwarz (Afrikaner?). Und man vergiftet sich ja nicht seinen eigenen Brunnen durch diverse Leichen. Also wird’s kein Brunnen sein.

Aber ich hätte da eine Idee. Ich glaube, die haben da die erste U-Bahn gebaut. Und das sind Spartaner, also machen die keine halben Sachen. Also haben die losgelegt und gegraben und gegraben und dann hat jemand gefragt: „Was macht ihr da?“

Und da haben sie gesagt: „Wir bauen eine U-Bahn nach Sparta.“

Und dann hat jemand gesagt: „Aber wir SIND IN Sparta!“

Und dann haben sie mit dem Bau aufgehört, weil sie ja schon da waren… irgendwas in der Art. Hätten sie den IT-Berater im Ort gehabt, wär das sicher nicht passiert. Aber dann hätte man auch keinen Brunnen, in den man ungebetene Ausländer reinschubsen kann.

„300 gingen in die Schlacht…“

„…und keiner kam zurück“, sagt einer, der… gerade zurückgekommen ist. Und damit sind wir bei der mathematischen Ungenauigkeit des Films. Also irgendwo erzählt man uns da Mist. Wenn 300 Leute hingehen und alle sterben, dann kann nicht einer so mirnichtsdirnichts zurückkommen und davon erzählen. Dann geht die Rechnung nicht auf!

Da gäbe es nun zwei Möglichkeiten. Entweder man nennt den Film um in „301“, dann wäre die Geschichte korrekt, also rein mathematisch. Dann sind eben 301 in die Schlacht gezogen und der eine, der davon erzählt, der ist halt nicht gestorben, aber vielleicht wäre das weniger heroisch. „300 und einer“ klingt auch nicht so dolle, oder „300 und einer der zurück kam“ oder „300 und der Erzähler“… nee, das bringt es alles nicht.

Die andere Möglichkeit wäre natürlich, den Titel korrekterweise auf „299“ zu reduzieren, weil, dann geht’s wieder auf mit den 300 in die Schlacht zogen und dem feigen Weichei, das aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund dieses Gemetzel überlebt hat und jetzt prahlerisch den wegen Hühneraugen vom Dienst befreiten Restspartanern davon erzählt.

Naja, ich weiß auch nicht, es soll ja bald ne Fortsetzung geben, also schauen wir einfach mal, wie die das Problem lösen. Vielleicht nennt man die dann ja „301“… oder „299“, wenn’s ein Prequel ist. Hauptsache, einer spielt wieder eine große Rolle: Pathos!

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von Martin Cordemann

Germany’s Next Drug Addict

– Serien, die für die Beteiligten nicht gut enden!

Warum wird eigentlich immer auf „Top Model“ herumgeritten… okay, falsche Wortwahl. Immer hört man Kritik. Ich kann das gar nicht nachvollziehen. Gut, das liegt zum größten Teil daran, dass ich die Sendung nicht gucke. Nicht, dass ich nicht gerne knackige junge Dinger in wenig Klamotten sehen würde – aber die ziehen sie ja nicht aus! Das ist n bisschen wie „Baywatch“, nur eben für Leute, die eher auf Minderjährige stehen.

Unter’m Strich…

…sollte man nicht sagen, weil das ja etwas ist, worauf sie landen werden und nicht darunter. Also die Models. Also die Anwärterinnen. Also die Minderjährigen.

Fangen wir an dem Punkt doch mal an. Es ist ja nicht neu, dass man hört, dass in der Modelbranche irgendwelche 14jährigen erst mit Essstörungen, dann mit Drogen und dann mit Depressionen in Kontakt kommen. Das hat „Top Model“ nun wirklich nicht erfunden, das gab es schon vorher. Also wäre der erste Schritt doch mal, dass man einfach mal ein paar dieser Gesetze, die dieses Land hier angeblich hat, auch verdammtnochmal durchsetzt. Oder ist Kinderarbeit nicht mehr verboten? Also warum dürfen minderjährige Mädels dann ihre abgehungerten Hintern auf Laufstegen zu Markte tragen? Und, nehmen sie damit nicht streng genommen den Kinderarbeitern aus Dritte Welt Ländern die Jobs weg? Sollten nicht eigentlich die ihre verhungerten Hintern den „Modedesignern“ zur Verfügung stellen? Die fiesen Klamotten zusammenzuschneidern, das dürfen sie, aber sie auf ner Bühne zur Schau zu stellen, dafür sind sie nicht gut genug? Was ist das nur für eine Welt?

Aber kommen wir zurück zu unseren Minderjährigen. Erster Schritt wäre, und das sollte für ALLE Castingshows gelten: Teilnahme erst ab 18! Wenn sich schon jemand seine Zukunft versauen will, weil er sich im Fernsehen zum Deppen macht und das ganze Land das auf Jahre hinaus im Internet immer wieder betrachten kann, dann sollte er auch die „sittliche Reife“, wie es so schön heißt, dafür haben. Oder, um es anders zu formulieren, er sollte alt genug sein, um zu wissen, auf was er sich da einlässt. Dass das auch viele Menschen über 18 nicht begreifen sei mal dahingestellt, aber dann kann man wenigstens nicht sagen, dass die bescheuerten Eltern daran schuld sind, dass aus ihrer Tochter eine magersüchtige depressive Drogenabhängige geworden ist.

Wo sind eigentlich die männlichen Models? Oder gibt’s das auch? Naa, wahrscheinlich keine große Zielgruppe. Obwohl, wenn man da das Alter auf 8 senken würde, hätte man bestimmt wieder eine… die Leute, die sich auch Bodenturnen bei den Olympischen Spielen ansehen.

Der Drogenpalast

Also, wie gesagt, dass diese Models möglicherweise an Magersucht leiden (müssen), möglicherweise mit Drogen in Verbindung kommen, möglicherweise mit schmierigen alten Säcken auf irgendwelchen Yachten herumhängen und das über kurz oder lang möglicherweise zu Ermüdungserscheinungen und Depressionen führt, das wäre nun nicht so neu. Wenn es denn stimmt. Ich kann ja auch nur mit dem arbeiten, was mir das Fernsehen an Informationen zur Verfügung stellt.

Dass die Blagen, die sich da plagen, aber wahrscheinlich keine große Karriere vor sich haben, das dürfte sich doch wohl inzwischen herumgesprochen haben, oder? Oder irre ich da? Nicht, was das Herumsprechen angeht. Ist außer einem peinlichen Auftritt beim Dschungelcamp und in ähnlichen Formaten nach dem Absprung vom Laufsteg noch irgendwas drin? Außer den oben erwähnten Optionen (Magersucht, Drogenkonsum, Prostitution, Absturz)?

Zielgruppe

Wer jetzt glaubt, bei der Sendung ginge es darum, jungen Mädchen eine Chance in der Modewelt zu geben, der glaubt wahrscheinlich auch, bei „Wetten dass…?“ ginge es um die Wetten und bei „DSDS“ ginge es nicht allein darum, Schrott von Dieter Bohlen zu vermarkten. Es geht um die Quote und die damit verbundenen Werbeeinnahmen, um nichts sonst. Naja, und um die Moderatorin. Also das Geld, das sie dafür bekommt. Denn in ihrem Alter ist sie ja nu schon zu alt zum Modeln, jedenfalls, wenn sie über 25 ist. Vielleicht sollte die Modelwelt, ähnlich wie die Pornowelt, die Abteilung „Milf“ einführen, um Models die Möglichkeit zu geben, auch über das Alter von 30 Jahren hinaus in der Branche tätig zu sein. Andererseits sind die meisten dann ja wahrscheinlich durch Drogen und all das so verbraucht, dass sie nicht mehr so ansehnlich sind wie früher… also genau wie in der Pornoindustrie! Vielleicht könnte man da einen Austausch machen? Nein, vielleicht lieber nicht.

Also worum geht es beim „Top Model“? (Oder beim „Popp Model“, wenn man die Sache mit dem Austausch doch noch mal in Erwägung ziehen würde!) Um den Zuschauer. Kleine Mädchen sollen erfahren, dass sie nicht ihr Leben lang hinter dem Herd stehen müssen, sondern dass sie sich unzüchtig bekleidet an irgendwelchen exotischen Orten von irgendwelchen schwulen Photographen zum Affen machen können. Das sind doch tolle Zukunftsaussichten, ein großer Schritt für die Emanzipation. Leider in die falsche Richtung, aber wen stört das schon, solange man genug nackte Haut zu sehen bekommt? Junge, knackige, nackte Haut!

Ist das nicht das, wofür wir im Westen den Islam beneiden? Dass da die Frauen noch das tun, was man ihnen sagt? Das hier ist das gleiche – nur eben ohne Burka! Das Beste beider Welten! Hurra! Endlich eine Sendung für die ganze Familie, oder sagen wir, für Vater und Tochter. Sie guckt wegen Mode und Models und cool und er, weil er dies als gute Möglichkeit sieht, seiner Tochter die wahren Werte unserer Gesellschaft nahe zu bringen – oder wegen der halbnackten Weiber, suchen Sie es sich aus! Kann denn eine solche Sendung wirklich schlecht sein? Ja, sie kann, und sie ist!

Abstiegschancen

Ich meine, das ist doch alles relativ klar umrissen, was sie erwartet, kaum ein Berufsberater könnte das besser auf den Punkt bringen. Also warum hackt man so sehr auf der armen … blonden Frau, deren Name mir gerade nicht einfällt… Schiffer? Klum, Heinz Kl… Heidi Klum! Warum hackt man so sehr auf der rum? Nur, weil die böse mit den armen kleinen Mädchen umspringt, ihnen sagt, dass sie sich unter den Achseln rasieren müssen (hey, da kann man froh sein, dass die überhaupt schon Schamhaare HABEN!!!) und nicht so viel essen, weil sie dann sonst zu fett für den Job werden?

Das ist doch gewissermaßen die Umkehrung vom Fremdschämen, das Fremdfreuen. Denn ein Mann könnte doch niemals einer Frau sagen, dass ihr Arsch zu dick ist und dass sie langsam zu fett wird, wenn sie weiter mehr als zwei Salatblätter am Tag in sich hineinstopft, da hätten wir doch direkt wieder eine Sexismusdebatte am Hals. Aber wenn das eine Frau sagt, selbst wenn sie selbst nur ein seelenloses Wesen ist, dann ist das völlig in Ordnung, dann ist das gesellschaftlich akzeptiert. Emanzipation… aber das Thema hatten wir ja schon.

Demütigung by Heidi Klum

Nun, wäre diese Sendung nicht als reine Vorführung von halbnackter Haut gedacht, wäre sie doch theoretisch eine hervorragende Einführung in den Beruf selbst, denn da wird es doch wahrscheinlich genau so zugehen. Nicht für die Schule, sondern für den Laufsteg lernen wir. Und da wird rumgezickt und angeflaumt und rasiert und gespuckt, was das Zeug hält, damit man das Zeug nicht bei sich behält, also eigentlich macht sie es doch irgendwie richtig, die Heidi, oder?

Wenn sie in die Sendung jetzt noch das Koksen mit reinnehmen würden, oder den Schlafentzug, das Antatschen lassen von reichen alten Säcken, das unter Drogen gesetzte Herumreichen auf irgendwelchen Bung-Bunga-Partys, das eine Nacht durchmachen auf einem Boot in Cannes, dann ne Line Koks ziehen um wieder frisch zu sein und dann rauf auf den Laufsteg, ich glaube DAS wäre das Programm, bei dem die Mädels zeigen können, ob sie aus dem Holz gemacht sind, aus dem man Models schnitzt. Und das wäre bestimmt für den Zuschauer auch sehr unterhaltend. Ja, ich glaube, DAS würd ich vielleicht auch gucken!

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von Martin Cordemann

Das Publikum ist niemals schuld

So sagt eine alte Theaterweisheit. Oder Leute, die mit dem Theater zu tun haben. Oder irgendwer. Und wissen Sie was?

Das stimmt nicht!

Ganz ehrlich, das Publikum ist an vielen schuld! Glauben Sie nicht? Stimmt aber. Würde nicht eine Masse von Leuten immer wieder in „Transformers“ laufen, um sich synthetischen Mist anzusehen, dann gäbe es davon nicht so viele Fortsetzungen und Reboots. Das Publikum ist also sehr wohl mitverantwortlich dafür, was ihm vorgesetzt wird. Genau genommen ist das Publikum der wesentliche Faktor dafür. Oder vielmehr das Geld, das es in die Kassen der Studios spült. Sie können den großartigsten Film aller Zeiten machen, der geradezu nach einer intelligenten und sinnvollen Fortsetzung lechzt – sind die Einspielergebnisse nicht dementsprechend, dann wird da nichts draus. Wenn also jemand schuld ist, dann zu einem extrem großen Teil in erster Linie das Publikum!

So war das nicht gemeint

Natürlich war das so nicht gemeint. Der Spruch ist ja auch mehr eine Abwandlung des ebenfalls mittelmäßig zutreffenden

„Es gibt kein schlechtes Publikum“

Bezogen ist das auf die Reaktionen des Publikums auf einen Künstler. Und auch dieser Satz hinkt. Es gibt vielleicht kein schlechtes Publikum, aber es gibt ein falsches Publikum! Stellen Sie einen Kabarettisten mit intelligenten, hintergründigen Texten zum Zuhören und Mitdenken auf eine Prollbühne in Mallorca und keine der beiden Seiten wird einen guten Abend haben. Das falsche Publikum für den Künstler – oder der falsche Künstler für dieses Publikum.

Kommen wir aber mal zu einem anderen wichtigen Punkt, den kein Publikum so richtig zu kennen scheint. Man hört immer wieder, dass Zuschauer Künstlern nach einem Abend, an dem der Künstler vom Publikum nur Schweigen geerntet hat, gesagt haben, das wäre der beste Abend gewesen, den sie je gehabt haben. Ja, das ist natürlich schön, den Künstler das hinterher wissen zu lassen, damit er sich nicht ganz so mies fühlt, aber eine Weisheit bleibt hierbei leider auf der Strecke:

Das Publikum kann eine Performance verbessern!

Oh ja, das ist so! Es bringt nicht viel, den ganzen Abend still vor sich hin zu genießen und dem Künstler hinterher ein großes Lob auszusprechen. Oder sagen wir, es verwirrt den Künstler, aber Sie als Publikum haben eigentlich nicht viel davon. Denn, wie gesagt, es liegt an Ihnen, aus einem guten Abend einen großartigen zu machen. Warum? Erklär ich Ihnen.

Ein guter Künstler oder auch ein gutes Ensemble, die machen ihren Job, wenn sie auf der Bühne stehen. Sind sie Profis, lassen sie es sich nicht anmerken, wenn es sie stört, dass vom Publikum so keinerlei Reaktion, keinerlei Rückmeldung zu vernehmen ist. Und, machen wir uns nichts vor, das stört. Man muss schon sehr besoffen oder ignorant sein (bei Künstlern beides durchaus gängig), um so etwas komplett zu ignorieren und nicht an sich heran zu lassen. Bleibt der Saal also still und die Reaktion aus, macht man seinen Job, professionell – und hofft auf einen anderen Abend, an dem es besser läuft. Sie als Publikum bekommen also von einem Künstler für Ihr Schweigen einen korrekten Abend.

Aaaaaaaber…

Wenn Sie dem Künstler zeigen, dass Sie das, was er da macht, gut finden, wenn Sie ihn das spüren lassen, wenn Sie ihm das Gefühl geben, sie wissen seine Arbeit da zu schätzen und zu würdigen… wissen Sie, was dann passiert? Nun, DANN bekommen Sie wahrscheinlich einen großartigen Abend! Denn der/die Künstler tauen auf, werden sicherer, lockerer. Das steigert ihre Spielfreude und ihren eigenen Spaß an der Sache, der wiederum den Ihren steigert. Das heißt, das Publikum kann die Performance eines Künstlers um einiges steigern. Es liegt also ganz in Ihrer Hand, ob Sie einen guten Abend im Theater haben – oder einen großartigen!

Halb_Fiction498

von Martin Cordemann