2022
326 Artikel
143 mal im Kino
36 Serien
15 ausgewählte Titel und…
wieder nur 1 mal frühzeitig rausgegangen!
Was war da nochmal?
Auf den ersten Blick, also gedanklichen, Rückblick, um genau zu sein, fällt da spontan nicht soooo viel ein, das einen starken und/oder bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Dann geht man die Liste durch, und das hier ist das Ergebnis… so mehr oder weniger.
Tee Vau
Eines der Highlights, oder Highlightinnen wie man ja genderkonformistisch sagt, war THE GOOD PLACE, Staffel 1. Herrlich, schön geschrieben, eine wunderbare Komödienserie mit guten Darstellern und einem überraschenden Staffelende. Da heimkinogsmäßig bisher keine weitere Staffel in Aussicht gestellt wurde, scheint das Publikum das anders gesehen zu haben als ich und so steht zu befürchten, dass der Serie das gleiche Schicksal wiederfahren wird, wie ihren Schwestern im Geiste (und Witze) PARKS AND RECREATION und BROOKLYN NINE-NINE, nämlich dass es in Deutschland über die Veröffentlichung der ersten Staffel nicht hinausgehen wird. Schade – und bedauerlich. Stattdessen können wir uns dann ein wenig mit WELLINGTON PARANORMAL vergnügen, der Auskoppelung aus dem 5 SÄRGE, KÜCHE, BAD-Universum. Herrlich schräg und unheimlich witzig.
Aus regionalem Anbau
Also aus Deutschland. Das meiste, das uns die hiesige Filmwirtschaft so vorsetzt ist ja eher nicht so bekömmlich, aber alle paar Jahre mal schummelt sich ein echter Höhepunkt in dieses schwer verdauliche Menü. Vor einiger Zeit war es ENKEL FÜR ANFÄNGER, diesmal ist es der wunderbare JGA Jasmin. Gina. Anna. Der bzw. die ist und sind spaßig, schön gespielt und gut genug, nicht in die tiefste Furche der germanen Arschritze hinabzutauchen und sich in Fäkalkolorit zu ergehen, sondern genau das auszulassen. Kann – und sollte! – sich sehen lassen. Was auch für das Remake von RABBI JACOB gilt, nämlich RABBI KURNAZ… Äh, okay, kleiner Fehler von mir, RABIYE KURNAZ GEGEN GEORGE W. BUSH! Es geht also nicht um eine muslimische Rabbinerin, sondern um eine wahre Begebenheit. Hat das Herz am rechten Fleck – was man von folgendem Film aber mal so gar nicht behaupten kann. Er hat nichtmal eins. Mein persönliches Ärgernis des Jahres stammt dabei nichtmal aus ebendemselben, sondern von 1999. Ich habe in den letzten Monaten viel Zeit mit Erich Kästner verbracht, also jetzt nicht mit ihm persönlich, aber mit einer Vielzahl seiner Werke, vornehmlich die für Erwachsene, aber auch „Pünktchen und Anton“ haben sich die Ehre gegeben. Wie es der Zufall, oder in dem Fall die Zufällin, wollte, tat sich die Gelegenheit auf, die deutsche Verfilmung von PÜNKTCHEN UND ANTON aus den 90ern von Caroline Link zu sehen – und die ist eine echte Unverschämtheit! Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Beteiligten die Vorlage nicht gelesen oder zumindest elementar nicht verstanden haben. Im Buch macht Kästner ganz klar, dass Anton ein aufrechter, ehrlicher, vertrauenswürdiger Kerl ist, ein Ehrenmann – oder Ehrenjunge in dem Fall – den er quasi als geistigen Bruder von Emil (mit den Detektiven) sieht. Im Film lässt man ihn stehlen und hat überdies noch die Frechheit, seine Mutter sagen zu lassen, „das wär ja nicht so schlimm gewesen, die Leute hätten ja so viel“! Ja geht’s denn noch??? Ich wage sehr zu bezweifeln, dass Kästner eine solche Aussage auch nur ansatzweise für gut gehalten hätte. Zudem ist er ein großartiger Autor und man sollte Kästner nicht umschreiben, wenn man nicht besser ist als er – und wer ist das schon? Er war dabei, als die Nazis seine Bücher verbrannt haben – würde man das diesem Film angedeihen lassen, nuuuun… da würd ich vielleicht auch hingehen, denn alle daran Beteiligten sollten sich wirklich was schämen!
Liebe… mit der Zeit
PRESS PLAY AND LOVE AGAIN. Jaaaa, im Ernst, ich glaube, ich fand ihn ganz gut und ein hübsches Spiel mit seinem Thema. Lewis Pullman war drin. Mehr… weiß ich grad nicht. Könnte aber wirklich nett sein.
Besondere Aktion
ONE SHOT ist ein hübscher kleiner Actionfilm, der vorgibt, alles in einem Take zu machen – und der dabei sehr überzeugend und unterhaltend ist. Komplett abgehoben – und das im wahrsten Sinne des Wortes – ist dagegen TOP GUN: MAVERICK. Denn was Tom Cruise in den letzten Jahren zur Filmlandschaft beigesteuert hat, ist, Dinge statt im Computer einfach – oder eher schwer – wirklich zu machen. Das gilt für Stunts, aber auch, wie man hier beeindruckt sehen kann, für Flugszenen mit echten Düsenjägern. Allein dafür sei ihm Respekt gezollt und das macht den Film, den man auch im Doppelpack mit dem Robert Redford Streifen TOLLKÜHNE FLIEGER, bei dem die Flugaufnahmen ebenfalls echt sind, gucken kann, einfach sehenswert.
Alter und neuer Horror
Während große Serien und Regisseure des Genres dieses Jahr nicht so richtig überzeugen konnten, war SMILE da ein schaurig schöner Gegenpol, der da trifft, wo er soll. Und wer einen Blick in die Vergangenheit wagt, kann sich am guten alten WICKER MAN erfreuen, der ein bisschen in einer Liga mit Nolans PRESTIGE spielt, was heißt, dass beide Filme beim zweiten Gucken eigentlich besser werden als beim ersten, da man nun sehen kann, dass alles wunderbar funktioniert. Wie ein guter Krimi, bei dem alle Hinweise vor einem ausgebreitet werden und man die Auflösung trotzdem nicht sieht. Sehr befriedigend!
Speise Wagen
Gute Unterhaltung boten auch zwei recht unterschiedliche Filme. THE MENU hatte köstliche Häppchen und verzauberte ein Klischee in ein cleveres Ende und BULLET TRAIN war rasante Action mit schrägem Spaß.
Finale
Von den dreien, die ich 2022 am meisten genossen habe, kommt einer erst im nächsten Jahr ins Kino. OPERATION FORTUNE von Guy Ritchie bietet Action, Humor – und einen Hugh Grant, der zum Niederknien gut ist. Kann man sich drauf freuen. VIOLENT NIGHT war eine herrliche STIRB LANGSAM-Variante, megabrutal, aber auch genau so witzig. Wenn man sowas mag. Und dann ist da natürlich noch der Film, der einen traurig machen kann, weil er uns vorhält, wie sehr sich der grandiose Nicolas Cage in miesen Machwerken verschwendet, weil er soviel mehr kann als das und weit bessere Stoffe verdient hätte: MASSIVE TALENT. Das hat er – und man sollte es mehr auf diese Weise nutzen!
Na dann…
…war es das für 2022. Beim MCU ist für mich in letzter Zeit ein wenig die Luft – und die Lust – raus, was nach mehr als 20 Filmen aber auch nicht wirklich überraschend ist. Also schauen wir mal, was es nächstes Jahr zu schauen gibt und ob da ein paar schöne Sachen dabei sind.
Ich wünsche einen guten Rutsch
und ein erfolgreiches und hoffentlich ein wenig friedvolleres 2023