…weil das immernoch blöd ist, sich auf irgendwas zu beschränken und deshalb vielleicht irgendwas gutes wegzulassen.
Interessanterweise fällt eine Sache dieses Jahr aus: Die Verrisse des Jahres. Nicht, dass es nicht schlechte Filme gegeben hätte, aber keiner davon hat mich so sehr geärgert, dass dabei ein reiner Verriss herausgesprungen wäre. Also kein „Tammy“ und keine „Schossgebete“ dieses Jahr… dachte ich jedenfalls. Aber dann kam Weihnachten und scheinbar einer der erfolgreichsten Filme des Jahres: „Honig im Kopf“. Der… macht alles falsch, was man falsch machen kann, hat man das Gefühl, fast so, als wolle er als Paradebeispiel wirken. Und dabei mischen die Schauspieler ganz weit vorne mit. Dieter Hallervorden, großartig in „Das letzte Rennen“, will hier irgendwie nicht überzeugen. Und wenn man „Still Alice“ als Referenz für Alzheimer nehmen möchte, dann drängt sich der Verdacht auf, dass das Krankheitsbild beim Honigkopf möglicherweise nicht richtig getroffen wird. Denn hier wirkt es nicht so, als würde man Dinge vergessen, sondern als würde man einfach blöde. In der Gegend rumballern und mit der Enkelin im Auto rücksichtslos und ohne nachzudenken durch den Stadtverkehr zu rasen, wobei man bei beidem viele gefährdet – ist das wirklich Alzheimer? Dann sollten wir alle Angst vor dieser Krankheit haben, weil sie einen nicht hilflos und hilfebedürftig macht, sondern zu einem gemeingefährlichen Arschloch. Das Buch baut dann noch einen überflüssigen und dem ohnehin zu langen Film nicht zuträglichen Fremdgehgeplot bei den Schweigers ein und statt damit zu enden, dass Didi seine Enkelin schlicht nicht mehr erkennt – und dadurch vielleicht auch seiner Schwiegertochter gegenüber sein Verhalten ändert – geht’s danach noch irgendwie weiter. Und dann ist da noch die Tochter des großen Schweigers. Bitte, lasst das Mädchen doch in Ruhe, lasst es in die Schule gehen und das machen, was es machen möchte, aber bitte, zwingt sie doch nicht, in Filmen mitzumachen oder peinliche Sendungen im Fernsehen zu komoderieren. Bei letzterem wirkte sie so, dass sie sich nicht wirklich wohl fühlte und machte dankensweterweise ihrem Namen alle Ehre – und dass sowas mit Fernsehgebühren finanziert wird, sollte wirklich zu einer Klage zur Abschaffung dieser Gebühren führen! Und hier im Film… bitte, zwingt das Kind nicht, etwas zu tun, was es nicht kann, denn so tut ihr ihr keinen Gefallen!
Blockbusting
Doch das war ja erst zu Weihnachten. Irgendwie hat das Jahr anfangs ein bisschen gebraucht, um in die Puschen zu kommen, um das mal populärwissenschaftlich auszudrücken. Eigentlich erwartet man, ein paar kleine Kleinodien zu finden, kleine Filme, die sich als großartig entpuppen… doch weit gefehlt. Traurigerweise waren es in der ersten Jahreshälfte vor allem ein paar Blockbuster, verschrieenes Popcornkino, die sich als erschreckend gut erwiesen haben. Und zwei davon haben sich als noch etwas herausgestellt: Autorenkino. Irgendwie. Blockbuster als Autorenkino? Klingt albern, trifft aber zu. Bei „AVENGERS: Age of Ultron“ ist „Buffy“-Schöpfer Joss Whedon für Buch und Regie verantwortlich, bei „Mission: Impossible – Rogue Nation” erfüllt beide Funktionen Christopher McQuarrie, Autor des hervorragenden “Die üblichen Verdächtigen”. Beide Filme zeichnen sich durch schöne Dialoge und clevere Figuren aus, was auch irgendwie viel zu selten vorzukommen scheint – aber ich hab ja auch die letzten “Transformers”-Filme nicht gesehen, also wer weiß? Dritter in der Runde von Blockbustern ist dann “Ant-Man“, der vielleicht auch ein Autorenfilm geworden wäre, wäre es nicht dazu gekommen, dass Edgar Wright aus dem Projekt ausgestiegen ist. Auch wenn bei diesem Film die Prämisse extrem albern klingt, so hat man doch mit viel Phantasie und Spaß daran gearbeitet und etwas zustande gebracht, an dem man einfach seine Freude haben kann.
Über raschen
Dann begann die zweite Jahreshälfte und endlich kamen die überraschend guten Sachen, die, von denen man es vielleicht nicht unbedingt erwartet hätte, was sie aber umso interessanter machte… und die traurigerweise wahrscheinlich kaum jemand gesehen hat. Es beginnt mit „A Royal Night – Ein königliches Vergnügen“ über zwei britische Prinzessinnen, die sich zur Feier der Beendigung des Krieges mal unter’s Volk mischen. Das ist witzig und macht einfach Spaß.
„The Program – Um jeden Preis“ gibt uns ein wenig Einblick in die Tour de France und widmet sich der Frage, ob Lance Armstrong wohl gedopt hat. Nun, er hat. Und kommt auch nicht unbedingt liebenswürdig rüber. Dargestellt wird er von Ben Foster, der sich damit eigentlich eine Oscar-Nominierung erspielt haben sollte – aber die hat Daniel Brühl für seine Nikki Lauda-Darstellung ja leider auch nicht bekommen, also darf man da wohl nicht hoffen.
Themenmäßig treu bleiben wir mit „The Walk“, dritter Film aus der Kategorie „hat es so oder so ähnlich in der Wirklichkeit gegeben“. Er zeigt uns noch einmal in Spielfilmform, wie Philippe Petit zwischen den Türmen des World Trade Centers herummarschiert – auf einem dünnen Seil in schwindelerregender Höhe. Interessant und eigentlich besser soll die Doku „Man on Wire“ sein, die uns das mit Originalaufnahmen zeigt – aber auch wenn „The Walk“ durchaus noch hätte gestrafft werden können, so schafft er es doch, einen den Atem anhalten zu lassen, wenn Joseph Gordon-Lewvitt über das Seil spaziert… was eine besondere Kunst ist, denn wir wissen genau, dass das aus traurigen Gründen nicht an Originalschauplätzen gedreht worden sein kann. Also Hut ab vor Robert Zemeckis für diese großartige Leistung.
Nicht auf wahren Ereignissen basierend sondern ausnahmsweise tatsächlich eine Dokumentation war „MALALA – Ihr Recht auf Bildung“. Der Film stellt uns ein mutiges Mädchen vor – und er macht Spaß, weil sie nicht nur mutig, sondern auch intelligent und witzig ist. Ein schöner Film, der nur durch eine unschöne Tat möglich wurde.
Was uns zu „Sicario“ bringt: Ein Fest unschöner Taten. Basiert vielleicht nicht auf einer wahren Geschichte, aber auf wahren Verhältnissen. Die mexikanische Mafia, die sich bei Facebook „Kartelle“ nennt (bitte hingehen und liken, das haben die ganz gern – und sie wissen, wie man es ahndet, wenn man sie nicht liked!), Leute, mit denen man besser nichts zu tun haben will. Knallhart, bitter, heftig und von Anfang bis Ende spannend. Eine Empfehlung für alle, die es aushalten.
Was haben wir noch?
Ein schmerzliches Portrait, was mit Menschen passiert, die Alzheimer haben, hat uns „STILL ALICE“ mit der großartigen Julianne Moore gebracht. Eine zeitlose Liebesgeschichte, die durch die Zeiten geht ist „Für immer Adaline“. Im Audiokommentar der DVD lobt der Regisseur Harrison Ford nicht nur (der sich, im Gegensatz zu Bruce Willis bei seinen letzten Einsätzen hier tatsächlich Mühe gibt), sondern er war auch begeistert davon, wieviel und welchen Einsatz Ford besonders an einer Stelle gezeigt hat. Für Leute, die ein bisschen mehr über Harrison Ford erfahren möchten, sei der Audiokommentar also empfohlen.
Matt Damon ist auf einem fernen Planeten gestrandet… aber diesmal kommt nicht Matthew McConaughey, um ihn zu retten. Mit “Der Marsianer – Rettet Mark Watney” zeigt Ridley Scott, dass er durchaus gute Filme machen kann, wenn ihm jemand ein vernünftiges Drehbuch schreibt. Was er allerdings nicht machen kann (wie z.B. auch seine Alterskollegen Steven Spielberg und James Cameron), sind Filme, die kürzer als zwei Stunden sind… und so scheint bereits eine erweiterte Fassung des Films auf Blu-ray angekündigt zu sein.
Einen richtig guten Animationsfilm gab es übrigens auch. Aber nicht die blöden “Minions”. Der fing zwar ganz vielversprechend an, aber dann wurde er schnell recht phantasielos. Anders ist es da mit “Die Peanuts – Der Film”. Der strotzt nur so vor Ideen – ob die aber auch für Kinder geeignet sind, ist bislang nicht bekannt.
Lobende Erwähnungen 2015
Eine Sondererwähnung erhält “Mad Max: Fury Road”. Für viele einer der besten Filme des Jahres, aber ganz so weit würde ich nicht gehen. Die Handlung ist recht übersichtlich, aber es gibt ein Prädikat, das dieser Film auf jeden Fall verdient: Arthouse-Actionkino. Selten hat man künstlerisch anspruchsvollere Actionszenen gesehen, so meisterhaft gemacht und zusammengeschnitten, dass man ihnen ihre Echtheit noch nichtmal richtig ansieht. Klingt wie ein Widerspruch, trifft aber zu. Sehen die Actionsequenzen in den drei alten Meschuggene Max Filmen aus wie handgemacht (weil sie es sind), was ihnen einen gewissen Charme und eine gewissen Echtheit und Härte verleiht, so kommen sie auf der “Fury Road” zwar auch ohne viel CGI aus, aber alles ist so sauber, dass sie dadurch einfach nicht so echt wirken wie sie es sind.
Ein kleiner Überraschungserfolg erschien dann auf DVD: „Turbo Kid“. Ein bisschen wie „Mad Max“ auf BMX-Rädern, genauso blutig wie witzig. Schon die Idee, heute einen Film zu machen, bei dem 1997 die Zukunft ist, ist eine schöne Ausgangsposition. Es ist eine Hommage daran, wie man sich im Actionkino der 80er die Zukunft nach dem Atomkrieg vorgestellt hat – nur vielleicht zwei, drei Spuren brutaler. Einfach ein großer Spaß!
So, das dürfte es eigentlich gewesen sein, oder? Oder war da noch was? Gegen Ende des Jahres? Hmmm… Ach ja, klar:
„Star Wars: Die Rache der Sith“
Nooooooooooooo!
Oh, nein, zum Glück nicht. Es war von vornherein klar, dass
„Star Wars: Das Erwachen der Macht“
erfolgreich werden würde – und selbst das in ein bisschen ein Phänomen. Der Erfolg der Prequels lässt sich, im Nachhinein, eigentlich nur damit erklären, dass man hungrig nach neuem „Star Wars“ war. Es gab nur drei Filme, auf Video (das war vor DVD), es gab Figuren, Bausätze, Comics und Bücher – aber das dürfte es auch schon gewesen sein. Dass man da alles, was irgendwie halbwegs nach „Krieg der Sterne“ schmeckt, mit offenen Armen begrüßt, ist klar. Aber heutzutage sieht die Sache ein bisschen anders aus. Es gab zwei Fernsehserien, „Clone Wars“ und „Rebels“ und besonders kurz vor dem Film wurde man ÜBERALL mit SW totgeschmissen, selbst REWE, Kaufland, Aldi und Deichmann (???) waren mit von der Partie. Man sollte denken, dass es einem da langsam zum Halse heraushängt – doch trotz alldem scheint der Film der riesige Erfolg zu werden, mit dem man dabei eh gerechnet hat. Und das nicht ganz zu unrecht.
Seien wir ehrlich, der Film erfindet das Rad nicht neu, er bemalt es nur in ein paar poppigeren Farben, verändert hier und da ein wenig die Position der Speichen und dann gibt er noch ein bisschen mehr Druck in den Schlauch. Wer also etwas wirklich neues sehen wollte, der… kann sich ja nochmal die Ewok-Filme ansehen. Und auch, wenn ich für gewöhnlich kein Freund davon bin, einfach nochmal denselben Film zu drehen und uns weismachen zu wollen, das wär was Neues (siehe „Star Trek Into Schwachsinn“), so kann ich mit diesem neuen „Star Wars“ Film doch überraschend gut leben. Liegt wohl daran, dass es seit den 80ern nichts mehr in dieser Art gab: Einen „Krieg der Sterne“ Film, in dem unsere beliebten Helden vorkommen und der die Handlung von damals weiterspinnt. Hey, „Rückkehr der Jedi-Ritter“ hatte schon einen zweiten Todesstern, also wenn man danach geht, ist ihnen der Dampf des Neuen eigentlich schon beim dritten Film ausgegangen. „Das Erwachen der Macht“ bringt ein paar Dinge zurück, die seit langem fehlten: Humor und Abenteuer. Figuren, die Abenteurer sind und Spaß daran haben. Und jetzt, wo der Grundstein für neue Entwicklungen gelegt ist, spinnt sie der nächste Film hoffentlich in befriedigender Weise weiter. Wenn nicht, können wir uns ja immernoch die Prequels ansehen…
In diesem Sinn, guten Rutsch ins neue Jahr
(oder frohes neues Jahr, je nachdem, wann Sie das hier lesen)