Manchmal möchte man auch mal über etwas schreiben, das man wirklich genossen hat, das man mag, das man liebt und woran man andere teilhaben lassen möchte. Dies hier ist so ein Fall. Zum ersten Mal auf Blu-ray erscheint die dritte Staffel vom Doktor – und sie zu sehen macht genausoviel Spaß wie über sie zu schreiben.
Who’s your Daddy… Doctor?
Auch wenn David Tennant nicht mein erster Doktor war (das war Sylvester McCoy in den 90ern) und ich Christopher Eccleston durchaus schätze, so ist Tennant doch mein Doktor – und jeder hat doch einen Doktor, oder?
Nach dem zurückhaltenden Eccleston im Neustart brachte Tennant eine neue Energie in die Sache, die einfach Freude bereitet und sich schön von seinem Vorgänger abhebt. Dazu kommen noch zwei weitere Faktoren: Russell T. Davies als Strippenzieher im Hintergrund und Steven Moffat als Autor einer Episode. Hier können beide zeigen, was sie draufhaben und was sie ausmacht. Davies schreibt nicht nur gut, er ist auch hervorragend darin, Staffelübergreifende Handlungsbögen zu kreieren und frühzeitig anzudeuten und einzuführen, was dann am Ende zu einem tollen Finale führt. Das ist leider nicht so ganz Moffats Stärke – die besteht darin, unter der Herrschaft Davies Episoden zu schreiben und hier steuert er nicht nur eine gute oder großartige bei, sondern eine der großartigsten der gesamten Serie überhaupt! Schon dafür lohnt es sich, diese Staffel anzuschaffen, denn nie war „Doctor Who“ besser… als in einer Folge, in der er ironischerweise kaum auftaucht. Aber, wie heißt es doch so schön,
Who cares?
Also was bekommen wir diese Staffel geboten?
Die Episoden:
-
Die aufgelöste Braut
-
Einmal Mond und zurück
-
Der Shakespeare Code
-
Festgefahren
-
Daleks in Manhattan
-
Evolution der Daleks
-
Der Preis der Jugend
-
42
-
Die Natur des Menschen
-
Blutsbande
-
Nicht blinzeln
-
Utopia
-
Der Klang der Trommeln
-
Der letzte Time Lord
Picken wir uns ein paar heraus.
Los geht es mit dem Weihnachtsspecial, das an die letzte Folge der vorherigen Staffel anknüpft, in dem am Ende plötzlich eine Braut in der TARDIS erscheint. Die entpuppt sich als ausgesprochen nervige und herrlich ignorante Donna Noble, dargestellt von Catherine Tate und ein trefflicher Gegenpol zum Doktor. Später einmal wird sie sogar zur Reisegefährtin des Zeitreisenden werden und bekommt das vielleicht traurigste Schicksal eines Companions in der Geschichte von „Doctor Who“ spendiert… doch das liegt in ferner Zukunft, hier kann man erstmal eine wunderbare Weihnachtsgeschichte genießen, in der sogar schon der Name Saxon fällt, der gegen Ende der Staffel wichtig werden wird.
So, wie Donna ein Gegenpol zum Doktor ist, ist Martha Jones einer zu Donna. Sie ist clever, Ärztin und mit das Schönste, was die Serie zu bieten hat. Als passende Untermalung bekommt sie ein musikalisches Thema spendiert, das ihrer Schönheit gerecht wird.
Nach der Einführung machen wir die traditionelle Reise in die Vergangenheit, wo wir eine historische Persönlichkeit treffen. War es in der ersten Staffel Charles Dickens, ist es diesmal der Meister des Schauspiels persönlich, William Shakespeare – und ein paar Hexen, passt ja. Auf die Auflösung, wann es sich der Doktor mit Queen Elisabeth I. verscherzt hat, die hier am Ende der Folge seinen Kopf fordert, mussten wir übrigens bis zum „Tag des Doktors“ warten.
Eine andere Persönlichkeit, diesmal aus dem Serieuniversum selbst, gibt es in der nächsten Folge „Festgefahren“, wenn wir neben einem Stau in New New New New… New York dem Gesicht von Bo begegnen… und am Ende der Staffel werden wir sogar endlich erfahren, warum er und der Doktor alte Freunde sind.
Anschließend geht es an den Broadway, an dem die bekanntesten Feinde des Doktors eine Bühnenproduktion auf die Beine stellen wollen, „My Fair Dalek“… Nein, nicht ganz, aber es gibt ein wenig Daleks, ein bisschen Theater und einen Andrew Garfield in der Frühphase seiner Karriere.
Mark Gatiss, der sich mit „The League of Gentlemen“ (nicht zu verwechseln mit der Comicverfilmung „The League of Extraordinary Gentlemen“, die Sean Connerys Karriere beendete) einen Namen machte und dessen beiden Kollegen Steve Pemberton und Reece Shearesmith später ebenfalls eine Sprechstunde beim Doktor besuchen sollten, ist wohl nicht nur ein Fan von „Doctor Who“ sondern auch ein Freund von Steven Moffat. Er spielte in dessen Serie „Jekyll“ mit und schuf zusammen mit ihm „Sherlock“, in dem er auch als Holmes Bruder Mycroft auftrat. Hier nun gibt er mit „Der Preis der Jugend“ seinen Einstand, noch nicht als Autor, was er später pro Staffel einmal tun sollte, sondern als Schauspieler – in einer Folge, die ich persönlich für eine der schwächeren halte.
Was auch für die nachfolgende gilt, die mich immer ein wenig an „The Satans Pit“ aus der zweiten Staffel erinnert, nur ohne Ood.
Wenn wir das hinter uns haben, wird es aber bis zum Ende gut. Erstmal findet der Doktor seine Menschlichkeit, im wahrsten Sinne des Wortes. Und richtig befriedigend wird es dann später bei Tennants Abschied, wenn es eine mehr als deutliche Anspielung auf diese Doppelfolge gibt. Mit dabei ist auch Thomas Brodie-Sangster, den man bis dato eher aus dem hervorragenden „Tatsächlich…Liebe“ kannte und der es später nach „Game of Thrones“ schaffte, wo Gegenspieler Harry Lloyd eine Goldkrone verpasst bekommen sollte. Sehr schön ist hierbei, dass man lange nicht weiß, was gespielt wird.
Und dann haben wir den Höhepunkt der Staffel wenn nicht gar der gesamten Serie: „Blink“ / „Nicht blinzeln“. Geschrieben von Steven Moffat, der immer dann am besten für den Doktor war, wenn er nicht selbst das Steuer über die gesamte Serie in der Hand hielt. Dies ist seine doktorantische Meisterleistung, seine Promovierung gewissermaßen, mit der er nicht nur eine der spannendsten Episoden schafft, sondern auch die „Wheeping Angels“ einführt, die er später noch mehrmals verwenden wird. Dass der Doktor selbst in der Folge kaum auftaucht ist der Tatsache geschuldet, dass es in dieser und der Staffel davor je eine Folge brauchte, in der man weitgehend auf die Hauptfiguren verzichten konnte, weil die zu diesem Zeitpunkt das Finale oder das Weihnachtsspecial drehen mussten. So ist denn der Doktor selbst nur ein Gast in der Folge, die möglicherweise die beste seiner Serie ist.
Danach arbeiten wir uns auf das Finale zu, auf das sehr schön und subtil über die gesamte Staffel hingearbeitet wurde, so wie es keiner außer Russell T. Davies schafft und das nicht nur einen alten Widersacher des Doktors mitbringt (der dann auch für die 10. Staffel wichtig wird), sondern auch einen alten Reisegefährten: John Barrowman kehrt als Captain Jack Harkness zurück und das macht mehr Spaß, als jede seiner „Torchwood“-Folgen. Ein großartiges Finale für eine sehr gute Staffel – könnte man so lange loben, bis der Arzt kommt.
Who’s Who is Who
David Tennant bleibt dem Fernsehen derzeit noch treu, wo er in Serien wie „Broadchurch“ und der ersten Staffel der Marvel-Serie „Jessica Jones“ tragende – und auch böse – Rollen hatte.
Die wunderbare Freema Agyeman, die zuvor schon im Staffelfinale mit den Cybermen als ihre eigene Cousine zu sehen war, brachte es in den britischen Ableger einer der langläufigsten Verbrechensserien der Welt, „Law & Order UK“.
Etwas besser hat es da ihre Serienschwester Gugu Mbatha-Raw getroffen, die es neben Netflixserien auch in Filme wie Disneys „Die Schöne und das Biest“ und „Erschütternde Wahrheit“ mit Will Smith geschafft hat.
Derek Jacobi hat eine hoffentlich noch lange anhaltende lange Karriere und ist nicht nur in Kenneth Brannaghs großartigem „Schatten der Vergangenheit“ dabei, sondern auch in seinem eher fragwürdigen „Mord im Orient Express“.
Andrew Garfield ist hier vor seinem Aufstieg zu „The Social Network“ und seinem Fall in zwei überflüssigen „The Unwatchable Spider-Man“-Filmen zu erleben, war aber wieder großartig in Mel Gibsons Kriegsdrama „Hacksaw Ridge“.
Thomas Brodie-Sangster war, wie bereits erwähnt, in „Tatsächlich…Liebe“ ein kleiner Junge, eine interessante Figur in „Game of Thrones“ – und leider auch in den furchtbaren „Maze Runner“ Filmen.
Und dann ist da noch John Barrowman, der hier als Captain Jack Harkness zurückkehrt. Der wäre ein klasse James Bond gewesen – aber wir wissen ja leider, wie diese Geschichte ausgegangen ist.
Innen größer als außen: Das Bonusmaterial
Während man als DVD-Käufer bei Disney, Marvel, Star Wars und James Bond als Filmgucker zweiter Klasse behandelt und vor Bonusmaterial „verschont“ wird, gibt es bei Fans des Doktors keinen Unterschied und man wird überhäuft und geradezu in Zusatzmaterial gebadet. Wie üblich gibt es eine Unmenge an Making-ofs und diverse Audiokommentare, die einen tiefer eintauchen lassen in die seit den 60er Jahren bestehende Welt von „Doctor Who“, seine Schöpfer, Darsteller und historische wie fiktionale Hintergründe. Das ist Fan-Service, der sich sehen lassen kann – und hören.
Look, Who’s talking
Ein wenig traurig wird es einem, wenn man diese Staffel auf deutsch betrachtet. Wir erinnern uns, dass der Doktor anfangs in Deutschland, sagen wir mal, nicht ganz so euphorisch aufgenommen wurde. Pro7 zeigte die erste Staffel mit Eccleston, doch auf die zweite, obwohl bereits synchronisiert, musste man warten, bis sie dann ohne Zuschauer zu merkwürdigen Uhrzeiten verramscht wurde. Erst mit Matt Smith wurde „Doctor Who“ dann auch in Deutschland erfolgreich und so holte man, verspätet, die Synchronisation der bislang noch fehlenden Episoden mit David Tennant nach. Hierfür konnte man wieder Philipp Brammer gewinnen, der ihn auch schon in der zweiten Staffel gesprochen hatte und ihm auch noch einmal in dem Special „Der Tag des Doktors“ seine Stimme lieh – zum leider letzten Mal, denn wenig später verstarb der dafür viel zu junge Schauspieler leider. Erfreuen wir uns also ein letztes Mal an seiner Arbeit, denn leider werden wir Tennant und auch sonst keinen Schauspieler mehr mit seiner Stimme zu hören bekommen.
Mit
David Tennant (Philipp Brammer), Freema Agyeman (Jana Kilka), John Simm (Michael Deffert), Derek Jacobi (Hans-Gerd Kilbinger), John Barrowman (Philipp Moog), Andrew Garfield (Nico Sablic), Harry Lloyd (Tim Knauer), Carey Mulligan (Mia Diekow), Gugu Mbatha-Raw (Corinna Dorenkamp), Tom Ellis (Peter Lontzek), Thomas Brodie-Sangster (Hannes Maurer), Mark Gatiss (Thomas Nero Wolff)
Fazit Who
Eine sehr gute Staffel mit der vielleicht besten Episode, die es bei „Doctor Who“ je gegeben hat. Die Sprechstunde bei diesem Doktor sollte man nicht auslassen! Ab 23.2.2018 auf Blu-ray.