Chief Ironside wird angeschossen und ist seitdem auf den Rollenstuhl angewiesen. Doch er gibt nicht auf und bleibt mit einer kleinen Spezialeinheit dem Verbrechen auf der Spur…
Alle Folgen der 1. Staffel in der deutschen TV-Fassung
Polizeiserien gibt es bekanntlich wie Sand am Meer und auch ähnliche Formate, wie beispielsweise „House“, entwickeln im Laufe der Zeit eine Formel, ein Schema, nach dem die Episoden dann zumeist ablaufen. Ergibt ja auch irgendwie Sinn bei einem Krimi, wo es um die Aufklärung eines Verbrechens geht. Hier geht man, zumindest noch in der Anfangsphase, unterschiedliche Wege. Die Fälle variieren und bieten dadurch hübsch viel Abwechslung. Das macht die Serie
Abwechslungsreich und clever
denn el Cheffe ist nicht nur klug und lässt das seine Untergebenen auch konsequent wissen, er, der seine Beine nicht benutzen kann, nutzt seinen Kopf, um die Rätsel zu lösen. Das zeigt eine schöne Art von Kompetenz, die heutzutage in so vielem fehlt, erinnere man sich nur an die idiotischen „Wissenschaftler“ bei „Prometheus“. Insofern ist es ein Vergnügen, einen kompetenten Ermittler bei der Arbeit beobachten zu dürfen. Wer es aber hyperpolitischkorrekt braucht, mag hier ein paar Probleme bekommen, da der Chef seine junge Mitarbeiterin wie eine Frau der damaligen Zeit behandelt, und da war sowas wie der Herd noch immer eine sehr angesagte Aktivitätsstätte.
Gaststars
Schon in dieser ersten Staffel bekommt man ein paar Gesichter zu sehen, die man aus Film und Fernsehen kennt. Bevor Jack Lord das Kommando von “Hawaii Fünf-Null” übernahm, traf er als Felix Leiter in “James Bond jagt Dr. No” mit Sean Connery den ersten James Bond der Filmgeschichte (und der zweite Felix Leiter aus dem dritten Bond-Film “Goldfinger” taucht auch in einer Folge auf, aber wer erinnert sich noch an Cec Linder?). Edward Asner, der der “Lou Grant” in der gleichnamigen Serie war, ist eine feste Größe im Fernsehen – und das selbst heute noch. Auch William Windom war Gast in einer Unmenge von Serien, Star Trek-Fans ist er aber unvergessen als Commodore Matt Decker in “Planetenkiller” (dessen Sohn Will Decker dann später in “Star Trek: Der Film” sein Schiff auch wieder jemand anderem überlassen musste). Auch ein Meister der asiatischen Kampfkunst gibt sich die Ehre: Kein geringerer als Bruce Lee. Und dann eröffnet Folge 14 mit einem jungen Mann, der einmal einer der größten Weltstars überhaupt werden und die Namen Han Solo und Indiana Jones berühmt machen sollte: Harrison Ford. Der sieht hier, im Jahre des Herrn 1967, noch sehr jung und ein bisschen unfertig aus – und hat in der deutschen Fassung selbstredend noch nicht den fabulösen Wolfgang Pampel. Stattdessen hört man einen anderen phantastischen – und leider vor ein paar Jahren von uns gegangenen – Sprachgiganten: Arne Elsholtz. Auf dem Papier klingt das, also die deutsche Stimme von Tom Hanks, Bill Murray und Eric Idle, ein bisschen merkwürdig, da aber auch Ford selbst noch nicht so ganz ausgereift ist, funktioniert das dann doch überraschend gut.
Stimmwechsel
Wie erinnern uns an Zeiten, in denen noch nicht alles auf Streamingplattformen komplett abrufbar war, sondern Fernsehserien in Amerika eingekauft, nach Deutschland gebracht, synchronisiert und dann ausgestrahlt wurden. Fernsehen war zu diesem Zeitpunkt noch in vielerlei Hinsicht anders als heute und Serien hatten selten eine durchgehende Handlung, sondern bestanden aus Einzelepisoden, die für sich standen und ohne Ansehen der anderen betrachtet werden konnten. In dieser Zeit kaufte man die Fernsehserien dann selten staffelweise ein, also eine komplette Staffel mit allen Episoden, sondern pickte sich manchmal nur die Rosinen heraus, wenn die Sache zum Beispiel schon lange gelaufen war und man eventuell sogar alle Episoden betrachten konnte. Bei „Raumschiff Enterprise“ ist es bekanntermaßen so gelaufen, aber, wenn man sich die Sprecher- und Sendeplatzwechsel so ansieht, fallen auch „Kobra, übernehmen Sie“ und „Hawaii Fünf-Null“ in diese Kategorie… und „Der Chef“ tut es auch. So kommt es also, dass zwischenzeitlich mal das komplette deutsche Stimmpersonal wechselt, was nicht nur daran liegt, dass die Episoden für verschiedene Sender und teils mit einem großen zeitlichen Abstand voneinander bearbeitet wurden, sondern auch daran, dass das in unterschiedlichen Städten stattgefunden hat. Die quasi „alten“ Episoden, die dann wohl Ende der 60er Jahre für das Öffentlich Rechtliche Fernsehen synchronisiert wurden, stammen aus Berlin und für Raymond Burr hört man den wunderbaren Martin Hirthe. Der war u.a. die deutsche Stimme von Walter Matthau, Adolfo Celi und Martin Balsam, dürfte aber auch der einzige sein, der zweimal den Blofeld geben durfte, und zwar erst für Telly Savalas und dann nochmal für Charles Gray. Eine tolle Stimme und jemand der gut mit ihr umzugehen weiß. Gleiches kann man allerdings auch über Hartmut Neugebauer sagen. Der übernahm die Rolle, als dann Anfang der 90er für einen Kabelsender die Bearbeitung der fehlenden Folgen in München anstand. Er war u.a. zu hören für Gene Hackman, John Goodman, Robbie Coltrane und leistete bei „Boston Legal“ nicht nur großartige Arbeit als Stimme für William Shatner, sondern war überdies für die Synchroregie verantwortlich.
Randnotiz
Die Fans von „Raumschiff Enterprise“ wissen eigentlich nicht, wie gut sie es haben, denn dort machte man sich die Mühe, bei der späteren Synchronphase so gut wie jeden noch verfügbaren Sprecher aus den alten Tagen wieder vors Mikrophon zu holen, was den Bruch zwischen der neuen und der alten Bearbeitung so gering wie möglich hält – und was eine sehr seltene Ausnahme ist. Zu dem kleinen Kreis zählen „Starsky & Hutch“ und „Miami Vice“, wo jeweils nur ein Sprecher wechselte. Bei anderen Serien, wie dieser und den weiter oben genannten, wechseln die deutschen Stimmen meist komplett… und bei „Mission: Impossible“ sogar mehrmals!
Bonus
Eine Folge, die nur in der englischen Fassung vorliegt (und es ist noch nichtmal eine Nazi-Episode, etwas, das so ziemlich jede amerikanische Serie ihr eigen nennt – und die es dann meist erst etwas später nach Deutschland geschafft haben), während die anderen Folgen nur deutschen Ton aufweisen.
Ironside / Der Chef (1967-75)
[Erste Synchronfassung]
Raymond Burr (Martin Hirthe), Don Galloway (Thomas Danneberg), Barbara Anderson (Ursula Herwig), Don Mitchell (Christian Brückner), Gene Lyons (Paul Edwin Roth) sowie Lee Grant (Beate Hasenau), Farley Granger (Claus Jurichs), Richard Anderson (Lothar Blumhagen), Quincy Jones (Edgar Ott), Peter Mark Richman (Gerd Martienzen), William Schallert (Dietrich Frauboes), John Saxon (Claus Wilcke), Don Strout (Fred Maire), Bruce Lee (Randolf Kronberg), Robert Reed (Claus Jurichs), Warren Stevens (Heinz Petruo), Bernie Hamilton (Edgar Ott), Pernell Roberts (Michael Chevalier), William Lucking (Arne Elsholtz), Paul Carr (Wolfgang Draeger), Vera Miles (Inge Landgut), David Carradine (Wolfgang Draeger), Harrison Ford (Arne Elsholtz)
[Zweite Synchronfassung]
Raymond Burr (Hartmut Neugebauer), Don Galloway (Ekkehart Belle), Barbara Anderson (Katharina Lopinski), Don Mitchell (Niko Macoulis/Martin Halm/Jan Odle), Gene Lyons (Herbert Weicker) sowie Jack Lord (Holger Schwiers), Michael Constantine (Jochen Striebeck), Edward Asner (Norbert Gastell), Steve Ihnat (Reinhard Glemnitz), Donnelly Rhodes (Holger Schwiers) Robert Lansing (Hartmut Reck), Kathie Browne (Susanne von Medvey), Cec Linder (Horst Sachtleben), Vincent Gardenia (Klaus Höhne), Nicholas Colasanto (Michael Gahr), James Farentino (Holger Schwiers), William Windom (Niels Clausnitzer), Gavin MacLeod (Reinhard Glemnitz). Joseph Turkel (Leon Rainer), Ned Romero (Thomas Albus), Gary Collins (Elmar Wepper)
[Besprechung erfolgt nach Sichtung der deutschen Fassung]
Ironzit
Unterschiedliche Fälle, clevere Bearbeitung, klassisch-gutes Fernsehen. Ab 23. April 2021 auf DVD.