Die Dracula Mini-Retrospektive, Teil 1
Ein Mann namens Harker besucht das Schloss eines Grafen namens Dracula, doch der feine Herr ist weder das eine noch das andere, nächtigt oder vielmehr tägticht gerne im Sarg und ernährt sich vom Blut der Menschen…
Hammer!
Damit ist nicht nur der Film gemeint, sondern auch das Studio, das ihn produziert hat. In Fan- und Fachkreisen ist Hammer mit günstig produzierten Filmen und jeder Menge Horror verbunden, wofür diese Inkarnation von „Dracula“ eins der prominentesten Beispiele sein dürfte.
Der klassische Dracula
Sicher, das klassischste ist wahrscheinlich Bela Lugosi, aber im Ernst, wer von uns ist schon mit dem groß geworden? Also wer ein bestimmtes Alter hat und für wen es nicht gerade Gary Oldman ist, für den oder die dürfte
Christopher Lee
wohl nicht mehr und nicht weniger als der Dracula sein. Zumindest war er wohl für lange Zeit der präsenteste, kehrte er doch, auch wenn der Blutsauger hin und wieder eigentlich ins Gras biss, immer wieder zu dieser Rolle zurück, die sein Leben geprägt haben dürfte wie keine zweite und lange, bevor er dann sich dann als Saruman im „Herr der Ringe“ eine verdiente Rückkehr zum Ruhm erspielte. Stolze zehn mal trat der einzige Mann, der sowohl Sherlock als auch dessen Bruder Mycroft Holmes spielte, in der Rolle des Dracula auf, während es Kollege Lugosi gerade mal auf fünf Auftritte brachte. Lee hat im Laufe seiner Karriere mehr als hundert Filme gedreht, von Klein- und Kleinstrollen in „Panzerschiff Graf Spee“ und „Der beste Mann beim Militär“ über den „Mann mit dem goldenen Colt“ als Gegner von James Bond bis hin zu „Gremlins 2“, um nur die Spitze der Spitze des Eisbergs anzuschneiden. Er war verwandt mit Tolkien und bekannt mit Bond-Erfinder Ian Fleming, oder umgekehrt, oder beides, und war dann irgendwann auch mal in der „Star Wars“-Reihe anzutreffen. Dort fand sich vorher – und, durch den Compter wahrlich wiederauferstanden, auch später – Leinwandkollege Peter Cushing. Der spielte in „Der Hund von Baskerville“ Sherlock Holmes, während Lee der titulare war, also Baskerville, nicht Hund, aber schon im nächsten Film, „Das Halsband des Todes“, avancierte Lee zu Holmes. Wie dem auch sei ist in diesem ersten „Dracula“-Film von Hammer nicht Lee der erstgenannte im Vorspann, sondern Cushing.
Dr. Acula
(Zitat aus „Ed Wood“, in dem es allerdings um Lugosi geht und nicht um Lee.) Diese „Dracula“-Verfilmung ist eine relativ freie Umsetzung des Romans von Bram Stoker und ironischerweise ist das Plagiat, „Nosferatu“ mit Max Schreck als seinem wirklichen Namen alle Ehre machenden und schrecklich erschreckenden Graf Orlock eigentlich dichter an der Vorlage. Die Hammer-Version vereinfacht das eine oder andere, macht die Sache etwas schlanker und bringt so eine knackige Umsetzung zustande, bei der man sich eigentlich nur eins wünscht: mehr Christopher Lee. Der hält sich vornehm zurück, was aber auch Lees Version des Grafen gut zusammenfasst, vornehm, elegant, der Gentleman unter den Blutsaugern. All das ist hier natürlich noch ein wenig rudimentär, aber dank des wohl unterwarteten wie großen Erfolges sollte dies, trotz Leinwandtod, nicht der letzte Auftritt von Graf Dracula bleiben…
Bonus
Normale und restaurierte Fassung, die Super8-Version, was ein schöner Rückblick ist und jüngeren Zuschauern zeigen kann, auf welch reduzierte Weise man Filme lange vor ihrer Zeit im Heimkino betrachten konnte, durfte oder musste, sowie ein deutscher Audiokommentar, der diverse Hintergründe und Einblicke in den Themenbereich bringt.
Dracula (1958)
Peter Cushing (Erich Schellow), Christopher Lee (Wolfgang Eichberger), Michael Gaugh (Friedrich Schoenfelder), John Van Eyssen (Friedrich Joloff), Carol Marsh (Marion Degler)
Regie:Terence Fisher
[Besprechung erfolgt nach Sichtung der deutschen Fassung]
Graf Fazcula
Knackige Umsetzung des Romans, die Geschichte schrieb und die Figur des Dracula für lange Zeit prägte, vielleicht sogar Dinge wie „Buffy“ und „Twilight“ überhaupt erst möglich gemacht hat, also definitiv der, den man gesehen haben sollte. Ab 27. September 2019 auf Blu-ray.