– aus unserer Reihe: „Es muss nicht immer Nörgeln sein“
Sagt Ihnen der Name Richard Maibaum irgendetwas? Michael G. Wilson? Joseph Stefano? Dan O’Bannon? Peter Benchley und Carl Gottlieb? Nein? Wenigstens Steven Moffat oder Aaron Sorkin?
Kaum einer kennt sie, die Leute, die die Drehbücher von Filmen schreiben. Ja, Hitchcock kennen wir, oder Spielberg, oder Lucas, oder Scott. Ridley? Tony? Egal, die Namen haben wir schon mal gehört, weil sie die Regisseure sind. Aber wer weiß denn schon, wer die James Bond Filme geschrieben hat? Oder „Psycho“? Oder „Alien“? Oder „Der weiße Hai“?
Kommen Sie mir jetzt nicht mit dem öden „Beim Film zählt aber die Bildsprache, deshalb ist der Regisseur viel wichtiger als der Autor“! Schöne Bilder und lausige Dialoge ergeben oft einen langweiligen Film. Und da ich offensichtlich von der schreibenden Seite komme, halte ich das Buch durchaus für eine wichtige Angelegenheit… die in Hollywood gerne mit Füßen getreten wird.
Zu viele Köche…
…verderben ein Skript. Film ist eine Industrie, also müssen wir uns nicht wundern, wenn Filme industriell hergestellt werden. Und natürlich fließen in einen Film nicht nur die Vision des Autors ein, sondern auch die des Regisseurs, des Hauptdarstellers, der Hauptdarstellerin, ihrer Katze, des Produzenten, dessen Tochter, dessen Frau, deren Liebhaber und dann noch von den 3.000 Leuten von der Presseabteilung, die den Mist später vermarkten müssen. Von dem Standpunkt ist es überraschend, dass überhaupt gute Filme entstehen!
Ich bin auch das „Argument“ leid, dass an einem Film oder einer Serie ruhig mehrere Drehbuchautoren arbeiten sollten, da das die Sache befruchtet. Nun, wenn wir acht beschissene Autoren haben, hilft das der Sache nicht. Oder sieben beschissenen und einen guten, der sich nicht durchsetzen kann. Hatte „Catwoman“ nicht mehr als 20 Autoren? Und, wow, was ist das für ein guter Film geworden! Und wie viel besser wäre der wortgewandte „Rosenkranz und Güldenstern“ geworden, wenn neben Tom Stoppart auch die dialogschwachen Alex Kurtzman und Robert Orci am Drehbuch mitgewirkt hätten?
Und bitte, begründet diese idiotische Theorie nicht mit „beim Fernsehen ist das aber auch so und die Amerikaner machen viel bessere Serien als wir“. Ja, machen sie, aber vor allem aus dem Grund, weil sie einfach so verdammt viel mehr davon machen, dass da schon rein statistisch eine bessere Anzahl bei rauskommen muss. Und auch da gibt es Folgen, die besser und Folgen, die schlechter sind.
Zudem habe ich ein schönes Gegenbeispiel, drei, um genau zu sein: Steven Moffat, Aaron Sorkin, J. Michael Straczinsky. Moffat hat die beiden großartigen Serien „Coupling“ und „Jekyll“ geschrieben, allein nehme ich an. Sorkin schrieb die ersten vier Staffel seiner Serie „The West Wing“ nahezu im Alleingang, dann hat man ihn ausgebootet und die Qualität der Serie hat stark nachgelassen. Und auch Straczinsky schrieb bei „Babylon 5“ den Grossteil aller Episoden. Wenn man also einen guten Autoren hat und man ihm ein paar Freiheiten gibt, dann kann dabei auch eine tolle Serie herauskommen!
Der Herr der Fliegen ihr Herr
Aber zurück zum Thema… oder zum Anfang des Themas, das ja eigentlich noch gar nicht begonnen hatte. Ein weiterer Autor, der für den Film immer wieder gute Arbeit leistet, ist William Goldman. Viele von uns verbinden mit seinem Namen zunächst vielleicht nur unangenehme Erinnerungen, ist er doch Autor des Buches „Lord of the Flies“, „Der Herr der Fliegen“, das man uns im Englischunterricht hat durchkauen lassen. Neben diesem Werk, das einem gleichermaßen den Autoren wie die englische Sprache vermiesen kann, ist er u.a. jedoch auch als Drehbuchautor tätig und hat dabei wunderbare Filme geschaffen. Das Buch des Nazi- und Folter-Thrillers für Zahnarztfreude „Der Marathon-Mann“ stammt von ihm, ebenso wie „Wehrlos – die Tochter des Generals“ und diverse andere Filme. Hier wollen wir aber einen kurzen Blick auf drei seiner Werke werfen, die besonders leicht daherkommen und sich alle durch seine wunderbaren Dialoge auszeichnen.
„Die Braut des Prinzen“
Ein Drehbuch nach seinem Kinderbuch, ein wunderbarer Film. Wenn man mal Bücher, die für Kinder geschrieben sind, miteinander vergleicht, dann stellt man fest, dass es da gute gibt und schlechte. Gut, das sollte wohl auf jedes Genre zutreffen. Aber vielleicht denkt man, wenn es für Kinder ist, muss es nicht gut geschrieben sein, es muss ja reichen, wenn Kinder daran Spaß haben. Enid Blyton, Autorin der „Fünf Freunde“ scheint so zu denken oder zumindest so zu arbeiten. Denn liest man ihre Bücher heutzutage, „könnte man kotzen“, um Erich Kästner zu zitieren. Der wiederum gehört zu der guten Kategorie, denn seine Bücher sind gleichermaßen für Erwachsene wie Kinder ansprechend.
Gleiches trifft auf „Die Braut des Prinzen“ zu. Auch, wenn das ganze wie eine Kindergeschichte daher kommt, die Peter Falk seinem kleinen Enkel erzählt, ist sie doch gespickt mit schillernden Figuren und witzigen Dialogen. Man fragt sich am Anfang, ob es die Rahmenhandlung mit Opa und dem Kind aus „Wunderbare Jahre“ wirklich braucht, aber Goldman macht, wie so oft, etwas Gutes daraus und so verleiht es dem Film einen angemessenen Rahmen.
Die Geschichte: Ein Mann läuft seiner Liebe hinterher, ein anderer seiner Rache. Ob beide am Schluss ihr Ziel finden? Nun, es ist ein Kinderfilm, oder? Es ist allerdings auch nicht „I saw the devil“, so werden die Konsequenzen von Rache dann doch ausgespart. Hätte vielleicht auch nicht ganz gepasst. Alles in Allem ist es ein Film, an dem man viel Spaß haben kann – und einer, wo Wallace Shawn nicht so sehr nervt wie sonst meistens!
„Zwei Banditen“
Paul Newman und Robert Redford planen einen Coup… nee, das kam erst später. Hier sind sie „zwei Banditen“, „Butch Cassidy und Sundance Kid“, um genau zu sein. Wir können annehmen, dass Redford sein „Sundance Film Festival“ nach dieser Rolle benannt hat, oder? Ich denke, wir können.
Jedenfalls sind beides Ganoven, die sich mit Zugüberfällen, Banküberfällen und Radfahren zur Musik von Burt Bacharach die Zeit vertreiben. Auch hier zeichnet Goldman für das Drehbuch verantwortlich und auch hier zeichnet es sich durch jede Menge origineller Ideen und geschliffener Dialoge aus. Wie üblich ist es eine Freude, Goldmans Figuren zuzuhören, wenn sie Höflichkeiten oder Bosheiten austauschen. Wer also Spaß an Figuren hat, die sich selbst nicht so ernst nehmen, der setzt mit Goldman meist aufs richtige Pferd… oder den richtigen Spieler:
„Maverick“
Das Remake einer Fernsehserie kann eigentlich nicht gut sein… es sei denn, man lässt Goldman das Drehbuch schreiben und holt sich noch das Team von „Lethal Weapon“ dazu (Mel Gibson, Danny Glover [Cameo-Auftritt], Richard Donner [Regie] und Steve Kahan [Richard Donners Schwager, so ziemlich in jedem seiner Filme in einer kleinen Rolle mit dabei].
Außerdem ehrt man die Originalserie, indem man ihren Hautdarsteller, James Garner, ebenfalls mit in den Film hinein nimmt. Also ist es wirklich ein Remake oder gar eine späte Fortsetzung? Das müssen Sie selbst entscheiden.
Ein bisschen wirkt der Film, als wäre er die leichtfüßige Westernversion von Mel Gibsons „Payback“, da dieser auch hier von einer Patsche in die andere stolpert, doch hier hat das weit weniger düstere Konsequenzen. Goldman erzählt die Geschichte mit leichter Hand, in der Glücksspieler Maverick genug Geld für ein großes Pokerturnier zusammenbekommen muss, das dann den Höhepunkt des Films darstellt… ein bisschen wie „Casino Royale“, nur mit mehr Humor und weniger Folter.
Auch dieser Film sprüht vor Ideen und fließt vor flüssigen Dialogen. Da ist es eine Freude, dem Meister bei der Arbeit zuzusehen… Gibson, Donner, Goldman, suchen Sie sich einen aus!
Nachtrag…
…ender Weise sei natürlich korrigiert, dass „Der Herr der Ringe“ von Tolkien stammt und „Der Herr der Fliegen“ von William Golding und nicht William Goldman – was natürlich einen gewissen Sinn ergibt, aber, wie es so schön heißt, Golding will Weile haben, tja, kann man ja mal verwechseln die beiden.
von Martin Cordemann