Der Schnarch der fünf Heere

Endlich habe ich den dritten Teil der „Hobbit“-Trilogie gesehen… aber es müsste „endlich“ heißen, denn Freude ist was anderes. Ich wurde damals nicht zur Pressevorführung eingeladen und nach der Enttäuschung des zweiten Teils, der bei wiederholtem Schauen immer schlechter wurde, war ich nicht gewillt, für den Abschluss im Kino Geld auszugeben. Also musste ich warten, bis die DVD den Preis erreicht hatte, den ich für Kinofilme inzwischen ansetze: 5 Euro. Da sind wir jetzt und da sind wir jetzt und der Film… entspricht mehr oder weniger allen meinen Erwartungen. Und die waren nicht hoch. Gar nicht hoch. Ein Minimum an Handlung wird auf mehr als zwei Stunden aufgeblasen, das ist eines „Herrn der Ringe“ nicht würdig und sehr, sehr traurig. Es gibt eine (in Versalien: EINE!) gute Szene, als Bilbo dem Elbenkönig, Bart und Gandalf sein Diebesgut zeigt und erklärt, was man damit machen soll, denn da hat Martin Freeman endlich was zu tun und Ian McKellen kann einmal mehr so wunderbar gucken, wenn sein Gandalf in den Taten eines Hobbit den Grund dafür sieht, warum er diese kleinen Kerle so mag.

Das war’s dann aber auch schon

und so nutze ich die Gelegenheit, mich für Jahrzehnte wunderbarer Synchronarbeit bei Eckart Dux zu bedanken. Der spricht hier zum dritten Mal Gandalf, nachdem dessen erster Sprecher Joachim Höppner nach den „Herr der Ringe“-Filmen leider verstorben ist. Dux ist nicht nur ein hervorragender Sprecher, der von Norman Bates über den nervigen Opa bei „King of Queens“ bis hin zum weisen Zauberer Gandalf einfach alles drauf hat, er ist auch ein Urgestein des deutschen Synchrons. Jedes Mal, wenn ich zu Weihnachten den unübertroffenen „Wir sind keine Engel“ sehe, und meistens tue ich das aus Gewohnheit auf deutsch, denke ich mir: Ach, tolle Stimmen, tolle Sprecher (Peter Pasetti, Horst Niendorf, Fritz Tillmann, Erich Fiedler, um nur ein paar zu nennen) – alle schon tot. Und dann fällt mir ein: Stimmt ja gar nicht! Denn da ist ja noch der junge Mann, und der wird gesprochen von: Eckart Dux! Und das ist dann irgendwie eine genauso große Freude, wie der Film selbst. Also möge Herrn Dux weiterhin ein langes Leben beschert sein und möge er uns weiterhin mit seiner großartigen Arbeit die deutschen Fassungen von Filmen versüßen – denn viele wie ihn gibt es leider nicht mehr!

Der Hobbit – ein unerfreuliches Fazit

Nach dem grandiosen „Herr der Ringe“ eine grandiose Enttäuschung – aber war das bei Prequels nicht schon immer so?

Der Hobbit kehrt zurück

Da ist er also nun, der zweite Teil von einem Dreiteiler, den man eigentlich in einem Einteiler hätte abhaken können… aber es ist nun mal anders gekommen. Wir kehren zurück in Peter Jacksons J.R.R.R.R. Tolkiens Welt… und ich muss gestehen, dass es zu lange her ist, dass ich das Buch gelesen habe, als dass ich mich noch gut genug daran erinnern könnte, um es mit dem Film zu vergleichen. Also kann ich den Film derzeit nur nach ihm selbst und den anderen Teilen der 6teiligen Filmtrlogie beurteilen.

Wir erinnern uns…

…und wir erinnern uns gerne. Ich zumindest. An den „Herrn der Ringe“, das war einfach großartig, ein Meisterwerk, ein Meilenstein. Und es ist immer schlecht, wenn man mit so was verglichen werden muss, denn die Wahrscheinlichkeit, dass man dagegen schlecht aussieht, ist groß.

Nach der großartigen HdR-Trilogie kam erstmal lange Zeit nichts (die viele wahrscheinlich genutzt haben, um anderen zu beweisen, dass der Zeichentrickfilm doch soooo viel besser ist) und dann kam des Hobbits erster Teil. Der fühlte sich zwar richtig an, hatte aber das kleine Problem, dass er ein bisschen wie eine Kopie von „Die Gefährten“ wirkte – und das, ohne dass die Handlung wirklich gewichtig genug wäre, um das zu rechtfertigen. Bei „Smaugs Einöde“, dem zweiten Teil des Hobbits nun, sieht das ein ganz klein wenig anders aus, wie ich finde.

Der Film wirkt weniger wie eine Kopie, sondern eher wie ein selbständiger Film, was dem ganzen ganz gut tut. Hin und wieder gibt es natürlich Dinge, die an die anderen Filme erinnern (sollen), aber so was lässt sich ja bei solchen Reihen wohl leider nicht vermeiden. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich mich trotz der Länge eigentlich nicht gelangweilt gefühlt habe – bis wir uns dem Ende näherten. Endschlachten haben in letzter Zeit nahezu immer mein Interesse verloren und so war es auch hier mal wieder so, dass man eine Menge reinegepackt hat, wahrscheinlich weil man glaubt, der Zuschauer geht nur wegen so was ins Kino (auf Fans der „Bad Boys“ Filme dürfte das sogar wahrscheinlich zutreffen), doch für mich zog sich das ganze dann nur unnötig in die Länge. Da hätte man einfach ein bisschen rausnehmen könne, ohne, dass es dem Kampe geschadet hätte. Das Ende der Schlacht… nun, sagen wir mal so, man kann es kommen sehen, wenn man aufgepasst hat. Trotzdem gibt es dann einen coolen Abschluss.

Das richtige Feeling…

…kommt aber leider nicht so richtig auf. Vielleicht lag es daran, dass ich ihn in 2D gesehen habe, vielleicht taucht dieses Problem in der 3D-Fassung nicht auf, aber so kam mir der Film visuell sehr unhomogen vor. Da sieht man in einer Einstellung eine schöne Landschaftsaufnahme von Neuseeland (das sind immer die kleinen Höhepunkte dieser Filme), doch einen Schnitt weiter siehts so aus wie Leute in ner Computergrafik. Und das zerstört einfach das Gesamtbild. In den drei ersten Filmen hat man zum Glück weitgehend auf derlei Effekte verzichtet und vieles noch gebaut. Hier wirkt es anders und hier wirkt es sich aus, weil dadurch für mich die Stimmigkeit fehlt. Und dadurch geht dann auch das richtige Mittelerde-Feeling verloren. Das mag später bei der DVD und meinem alten Röhrenfernseher nicht mehr so ins Gewicht fallen, aber im Kino fand ich’s schade.

Bilboooooo…

…ist auch mal wieder weniger im Film. Dafür, dass es seine Geschichte ist, taucht er gefühlt zu selten darin auf. Auch Gandalf nimmt sich hin und wieder eine Auszeit, aber das kennt man ja schon von ihm.

Was der Sache gut tut, ist dass die Gruppe reduziert wird und man nicht wieder gleichzeitig 200 Zwerge im Auge behalten muss. Auch, wenn sich da die Freunde des Buches wieder beklagt hätten, aber hier wäre es schon im letzten Film besser gewesen, schon im Vorfeld die Gruppe der Zwege auf 8 bis 9 Figuren zu kürzen – is ja nich so, als würden bei Tolkien so viel davon über die Klinge springen, also wenn eh keiner davon draufgeht, fällt es nicht so ins Gewicht.

Kleiner Spoiler: Tom Bombadil taucht nicht auf! Bestimmt im nächsten Film, denn an dem hat Jackson die Rechte und bisher hat er ja alles was ging und nicht ging in den Hobbit reingequetscht. Dafür gibt es dann aber ein knackiges Elbenweib und Zwergensex… na, vielleicht im nächsten Film.

Unterm Strich kann man also sagen, dass der Film nicht schlecht ist, nicht wie ein Klon (oder Klonkrieg) wirkt, aber visuell und handlungstechnisch gegen Ende ein paar kleinere Mängel aufweist. Schauen wir also, was uns „Hobbit und Robin“ (oder wie immer der dritte Teil heißen soll) als Abschluss bieten wird!

DoubleDSexy12Abenteuer

von Martin Cordemann

Der Hobbit – eine überfrachtete Reise

Ich mag den Film. Ehrlich! Ich fand den gut. Er hat seine Schwächen, auf die wir gleich eingehen werden, aber im Gegensatz zu anderen Filmen in dem Jahr („Proletheus“, „Skyfall“) war ich nicht enttäuscht, als ich aus dem Kino kam. Aber diese Kolumne heißt ja „Popkulturelle Differenzen“, was darauf schließen lässt, dass ich hier nicht unbedingt die Meinung der Mehrheit vertrete. Genau genommen hatte ich das Gefühl, ich war einer der wenigen, die den Film mochten. Und, machen wir uns nichts vor, ich kann so ziemlich jeden der Kritikpunkte nachvollziehen:

Die Länge

Der Film ist – leider – zu lang. Was bei diesem einen Teil vielleicht noch geht, aber wenn ich mir vorstelle, dass noch zwei weitere folgen sollen, bekomme ich ein bisschen Angst. Wobei mir beim zweiten Schauen die ersten 90 Minuten ziemlich gut gefallen haben, da gibt es wenig, von dem man sich trennen müsste, aber danach, spätestens ab der Höhle des Bergkönigs, ist mir da auch ein bisschen zuviel Gelaufe, Gespringe, Gefalle, Georke. Das hätte man ein wenig straffen können, aber, machen wir uns nichts vor, der Film muss ja auch die Zielgruppe ansprechen, die nur wegen so was ins Kino geht und man will ja auch ein bisschen was vom „Transformers“ Publikum abgreifen.

„More is more“

Das ist mein Lieblingszitat von Renny Harlin im Zusatzmaterial von „The Long Kiss Goodnight“ (oder „Stirb langsam 2“?), womit er sagen will, je mehr Effekte/Geld/Explosionen/Titten/Wasauchimmer man in einen Film packt, umso besser ist das. Nope! „Weniger ist mehr“ funktioniert dann doch meist besser – und hier wäre das auch sehr hilfreich gewesen.

Dass es zu viele Schlümpfe… Zwerge! gibt, da kann der Film nichts dafür, das wird im Buch schon so gewesen sein. Es ist nur leider unübersichtlich, wer wer ist und was wann warum macht. Und dann hängen alle auch noch die ganze Zeit aufeinander, was der Übersichtlichkeit nicht gerade zuträglich ist. Da war die Struktur der verschiedenen Gruppen wie

Frodo + Sam / Gandalf + Pippin / Aragorn + Legolas + Gimli / Merry + Eowyn

in „Der Herr der Ringe“ einfach weit übersichtlicher.

Was man sich vielleicht hätte sparen können, wäre die Einführung neuer Figuren gewesen. Hier werden neue Gegner aufgebaut, ein weißer Ork und ein schwarzer Necromant, die etwas mehr Gefahr und Spannung in die Geschichte bringen sollen. Jackson verwendet für die drei „Hobbit“ Filme alles Material aus den Anhängen, das er rechtlich nutzen darf. War das nötig? Nein? Gibt es einen Grund dafür? Ja, den gibt es…

Eine mögliche Erklärung

Verschiedene Leute haben eine vernünftige Theorie für diese Herangehensweise Jacksons aufgestellt, die ich teile. Dies ist für ihn die letzte Möglichkeit, nach Mittelerde „zu reisen“, die letzte Möglichkeit, dort etwas zu tun, zu erzählen, sich dort auszutoben. Danach wird es, zumindest mit Ian McKellen als Gandalf, wohl nie wieder – oder zumindest für die nächsten paar Jahrzehnte – eine Reise dorthin geben, und wenn, wird man ihn daran wahrscheinlich nicht beteiligen.

Also versucht er die Zeit, die er in Mittelerde verbringen kann, so sehr auszukosten, wie es möglich ist. Dass dabei ein wenig das Gegenteil vom „Herrn der Ringe“ herauskommt, ist ein bisschen schade. Denn wo man bei HdR alles überflüssige Fett wegschneiden musste, um aus einem dicken Buch einen funktionsfähigen Film zu machen, arbeitet man hier – leider! – umgekehrt. In ein dünnes Buch wird alles an Fett, das man noch zur Verfügung hat, hineingequetscht. Ob Tom Bombadil, den ich bei HdR nicht vermisst habe, hier wohl ein Gastspiel geben wird? Wir wissen es nicht. Noch nicht.

Ich kann Peter Jacksons Grund, wenn er das denn ist, durchaus nachvollziehen, ich finde es nur ein wenig schade, dass das Ergebnis dadurch weniger optimal wird, als es hätte sein können. Vorschlag zur Güte: Statt einer „Extended“ Fassung wäre schön, wenn Peter Jackson irgendwann eine „Kurzversion“ herausbringt, in der man sich nur auf die eigentliche Handlung aus dem Buch beschränkt. So, wie es jetzt ist, lässt es sich am besten beschreiben mit einem Satz, den ausgerechnet Bilbo im „Herrn der Ringe“ sagt: „Zu wenig Butter verstrichen auf zuviel Brot.“

Kleine Geschichte, großer Film

Unterm Strich muss man sich einfach darauf einlassen, dass das hier eine kleine Geschichte ist, die in einer epischen Weise erzählt wird. Dass der Film dabei die komplette Struktur von „Die Gefährten“ kopiert… na ja, das ist halt so. Es beeinträchtigt mein Vergnügen am „Hobbit“ nicht. Von all den oben genannten Kritikpunkten abgesehen schafft der Film nämlich etwas, das in den letzten Jahren weder Star Wars noch Bond noch Trek noch Indy noch sonst irgendein Franchise geschafft hat: Er fühlt sich richtig an. Man hat das Gefühl, in Mittelerde zu sein, im Auenland, in Bruchtal. Das Aussehen stimmte, die Musik stimmte, das Gefühl stimmte. Und deshalb mag ich den Film!

Halb_Fiction472

von Martin Cordemann