Nachtportier eines Hotels in Kairo muss erleben, wie eine junge Frau ermordet wird, weil sie zuviel über einen Waffenhändler wusste – und er ist an diesem Tod nicht ganz unschuldig. Als sich seine Wege mit dem Händler kreuzen, beschließt er, gegen ihn zu arbeiten – wofür ihm der britische Geheimdienst eine Möglichkeit bietet…
Nach John le Carré
Carré ist einer der großen Autoren des Spionagegenres. Fast erscheint es da schon etwas merkwürdig, dass die Handlung der Serie von der Grundstruktur der des James Bond Films „Lizenz zum Töten“ recht stark ähnelt – aber vielleicht ist das immer so, wenn ein Agent in eine fremde Organisation eingeschleust wird. Andererseits sagen uns im Bonusmaterial sowohl der Fan des Buches Hugh Laurie als auch der Autor le Carré selbst, dass das Buch schon mehr als 20 Jahre alt ist – also hat Bond vielleicht einfach bei einer Größe der Branche abgeguckt? Auf jeden Fall macht diese Serie das weit, weit besser, als es einer der schlechtesten Bonds aller Zeiten getan hat – tatsächlich ist die Serie sogar ein echtes Vergnügen. Sie ist clever, spannend, hat gute Figuren und noch bessere Darsteller. Alles entwickelt sich sinnvoll und was anfangs eingeführt wird, soll auch später eine Bedeutung haben – so, wie sich das bei einem guten Film oder einer guten Serie gehört!
Somit ist die „The Night Manager“ eine echte Perle – was man nun nicht von jeder le Carré-Verfilmung sagen kann, war doch „Der ewige Gärtner“ nicht nur für Freunde der Gartenarbeit eine echte Enttäuschung, sondern auch schlicht langweilig. Anders ist es hier bei
„Der Nachtportier“
so die freie aber zutreffende Übersetzung, bei der es allerdings nicht um einen knallharten Geheimagenten geht, sondern um einen Hotelangestellten, der sich – ein wenig von Rachegedanken gelenkt – zu einem knallharten Typen mausert. Das funktioniert deshalb so gut, weil wir hier zwei Gegenspieler haben, die von zwei großartigen Schauspielern gespielt werden:
House gegen Loki
Der Held der Serie wird dargestellt von einem Bösewicht aus dem Marvel-Universum – oder vielmehr dem einzig guten, den es bisher zu bieten hatte – Tom Hiddleston, der als Loki in „Thor“ so starken Eindruck hinterlassen hat, dass man ihn gleich für die „Avengers“ zurückholte. Bei Marvel hat er gezeigt, dass er böse gut ist, hier kann er zeigen, dass er auch als guter richtig gut sein kann. Da er Brite ist und ich spekuliere mal im Nachklang dieser Serie wurde er direkt als neuer James Bond ins Rennen gebracht, aber das muss ja nichts heißen, denn in dem Zusammenhang fallen alle paar Wochen neue Namen, von Idris Elba über Tom Hardy bis hin zu Michael Fassbender – und sie alle wären gute Bonds und sie alle wären tausendmal besser als Daniel Craig! Könnte Hiddleston also einen guten Bond abgeben? Wie man hier sieht: er könnte! Charme, Humor, Charisma – alles das, was Danny Craig fehlt, Hiddleston hat es. Auch wenn er hier ein bisschen so aussieht, als hätten Gary Oldman und Ralph Fiennes ein gemeinsames Kind gehabt. Mit ihm als Bond könnte man gut leben – aber da die Bond-Produzenten sich in letzter Zeit eher durch Fehlentscheidungen hervorgetan haben, muss man wohl nicht unbedingt damit rechnen.
Da wir hier ein intellektuelles Duell auf höchstem Niveau haben, wird sein Gegenspieler dargestellt von Hugh Laurie. Und ich werde es nicht müde, auf „Black Adder“ zu verweisen, wo Laurie gekonnt den Deppen gegeben hat, Prinz George, dumm bis zum Umfallen. Und dann sieht man ihn Jahre später als Dr. House in der gleichnamigen Serie und denkt sich: Wow, was für eine Entwicklung. Der Mann kann ja was! (Was uns zu einem kleinen Exkurs bringt: Das gleiche kann man auch über Rowan Atkinson sagen. Wer meint, ach, Mr. Bean kann doch nicht Kommissar Maigret sein, der sollte sich „Black Adder“ ansehen, eine Serie, in der Hugh Laurie herrlich blöd und Rowan Atkinson herrlich böse ist!) Und was er kann, stellt er auch hier wieder unter Beweis, denn er ist als Waffenhändler gleichermaßen charmant wie böse, was ihn zu einer sehr ambivalenten Figur macht, die so möglicherweise nur durch den Witz des Schauspielers entstanden ist.
Erweitert wird die Besetzung durch Olivia Colman als Vertreterin des Geheimdienstes, die gezwungen ist, allein zu handeln. Sie gibt eine gute Kontrahentin ab – und hat ihre Wurzeln auch im Comedybereich, wo sie u.a. in Filmen wie „Confetti“ und „Hot Fuzz“ mitwirkte (und natürlich „Doctor Who“), bevor sie spätestens mit „Broadchurch“ im ernsteren Bereich Fuß gefasst hat. Tom Hollander ist immer für zwielichtige, schwierige Figuren gut und das bringt er auch hier wieder sehr schön zur Geltung. Bereits Erfahrungen im Agentengenre hatten Tobias Menzies aus „Casino Royale“, David Harewood aus „Homeland“ (und beide aus „Doctor Who“) sowie Aure Attika aus „OSS 117 – Der Spion, der sich liebte“.
Bonus
Interviews, bei denen die Darsteller und Filmemacher etwas über die Figuren und die Zusammenarbeit mit den anderen erzählen.
Mit
Tom Hiddleston (Peter Lontzek), Hugh Laurie (Klaus Dieter Klebsch), Olivia Colman (Marina Krogull), Tom Hollander (Axel Malzacher), Elisabeth Debicki (Nadine Zaddam), Tobias Menzies (Jaron Löwenberg), David Harewood (Thomas Schmuckert)
The Night Fazit
Spannende Agenten-Thriller-Serie, bei der von vorne bis hinten alles stimmt. Es ist immer ausgesprochen befriedigend, wenn intelligente Schauspieler intelligente Texte in einer intelligenten Handlung sprechen. Ein kleines Juwel, das zeigt, wie man auch ohne Herumgehampele gute Spionagegeschichten erzählen kann. Ab 21. April 2016 auf DVD und Blu-ray.