Die große James Bond Retrospektive
Nach einem er besten Bonds… einer der schlechtesten Bonds! Es ist so traurig, von einem solchen Hoch auf ein solches Tief zu fallen. Naja, das ist eben
Der Fluch des zweiten Films
George Lazenbys zweiter James Bond Film hält nicht das, was sein erster Film versprochen hat… na gut, ja, George Lazenby kam nicht zurück, „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ wird vermutlich sein einziger Einsatz als 007 bleiben. Stattdessen schafften es die Produzenten, Sean Connery noch einmal – mit Geld, mit viel Geld! – dazu zu überreden, die Rolle zu spielen. Das könnte man als eins der positiven Dinge an diesem Film hervorheben… aber selbst das trifft nicht ganz zu. Connery scheint der Film genauso wenig zu begeistern wie mich als Zuschauer.
Das mag ein bisschen daran liegen, dass man ab hier ohne Netz und doppelten Boden arbeiten muss, will heißen: die brauchbaren Romanhandlungen waren aufgebraucht und außer Titeln, Figuren und Versatzstücken blieb nun als Grundlage nicht mehr viel übrig. Statt einen soliden Roman in einen soliden Film umzuarbeiten bzw. sich an einer bereits gesponnenen Handlung entlangzuhangeln, musste man sich nun selbst komplette Geschichten für einen Film einfallen lassen. Da man da noch ein wenig unerfahren drin war, könnte das einer der Gründe dafür sein, dass „Diamantenfieber“ ein wenig eine brauchbare Struktur oder zumindest Dramaturgie zu fehlen scheint. Bond fährt von A nach B nach C, es gibt viel zu viele Personen die aber viel zu wenig zum Gesamtbild beitragen – all das ist ein wenig enttäuschend.
Lügen und Klischees
Der Hut… fliegt nicht. Das könnte zwei Gründe haben. Zum einen sind wir inzwischen in den 70ern angelangt, Bond betritt sein zweites Jahrzehnt, und Hüte sind einfach nicht mehr angesagt. Abgesehen davon ist die einzige Szene mit Moneypenny nicht im Büro sondern an der Zollabfertigung – und der einzige Hut vor Ort ist der, den sie selbst trägt.
Die schlechten Rückprojektionen… bleiben aus. Hey, was ist denn da los? Aber, na ja, die kommen bestimmt wieder!
Kommen wir also zu den üblichen Lügen und Bond Bullshit, der gerne erzählt wird. Und damit sind wir mit beiden beim Teaser. Zum einen hat dieser Teaser wieder etwas mit diesem Film zu tun, denn Bond jagt Blofeld und erfährt nebenbei, dass der sich inzwischen Doppelgänger von sich herstellen lässt, wahrscheinlich aus steuerlichen Gründen, aber das wird leider nicht weiter vertieft. Also wieder ein Teaser, der für den nachfolgenden Film von Bedeutung ist.
Der andere Bullshit, der zum Start von „Ein Quantum Trost“ gerne verbreitet wurde, war, dass dies der erste Bond Film sei, der direkt an einen anderen anschließe – völlige Kacke! „Diamantenfieber“ schließt ziemlich dicht und direkt an „Im Geheimdienst“ an, da Bond jetzt angepisst ist und den Mörder seiner geliebten Frau jagt. Ob „Toast“ da nun 2 Stunden nach „Casino Royale“ spielt oder nicht sei einmal dahingestellt, das erste Mal, dass es etwas in dieser Art gab, war es jedenfalls nicht!
Der neue Bond ist der alte Bond
Connery kehrt zurück – aber wir sind in einer Zeit vor dem Internet… und wahrscheinlich rechnet niemand damit, dass sich jemand die Bilder und Namen auf den Filmplakaten ansieht. Jedenfalls für alle, die das vor Betreten des Kinos versäumt haben, wird das alte „wir führen Bond ein“ Spielchen gespielt. Man sieht auch zunächst nur Hände und Rücken, bevor er sich mit seinem Lieblingsspruch („Mein Name ist Klose, ich kaufe hier ein.“) zurück meldet und man ihn von vorne sieht: Sean Connery, so wie Gott ihn schuf, nur eben anzogen.
Sein Gegenspieler ist mal wieder Blofeld, der hier von Charles Gray verkörpert wird… leider nur mit spärlichem Erfolg. Eigentlich eher enttäuschend. Und mit einem Plan, der ihm dereinst in „Stirb an einem anderen Tag“ von Gustav Graves gestohlen werden soll: mit Diamanten einen Satelliten bauen, der über einen Laser verfügt, mit dem man Sachen kaputt machen kann.
Irgendwann gibt es auch eine Verfolgungsjagd mit Autos, die stark an die von „Blues Brothers“ erinnert, und das, obwohl sie vorher kam.
Auf der Habenseite
Es ist schwierig, etwas Positives über diesen Film zu sagen, weil es da nicht viel zu sagen gibt. Da bleiben eigentlich nur zwei Dinge: John Barrys Musik und Mr. Wint und Mr. Kidd – und die auch größtenteils wegen Barrys Musik!
Wie üblich schafft es Barry, trotz des mauen Films, einen schönen Soundtrack zu produzieren. Der Titelsong ist nicht schlecht, die Melodie davon gut mit der Bond Musik verquickt, auch sein 007 Thema bekommt einen kleinen Gastauftritt in der Schlusskampfszene. Der musikalische Höhepunkt des Films ist jedoch sein Mr. Wint & Mr. Kitt Thema. Das ist herrlich, gleichermaßen bedrohlich wie spleenig, eine der schönsten Erkennungsmelodien innerhalb der Reihe. Da wünscht man sich fast, die beiden hätten ihr eigenes Spin-off bekommen, mit dieser Musik untermalt. Das gibt dem Killer-Pärchen die passende Untermalung zu ihren eigenwilligen Auftritten. Den verkorksten Film retten kann es leider nicht. Wirklich schade für einen Abschiedsfilm, denn wir werden Sean Connery nie wieder als James Bond erleben dürfen.
— Martin Cordemann alias Null Null PeeWee Ende —
— es folgt Sonderbericht von Tillmann Courth alias Null Null Tilly —
Das „Goldfinger“-Team wieder vereint (Regie, Buch, Hauptdarsteller). Und dennoch sind sieben Jahre vergangen, und alles wirkt anders: Connery ist deutlich gealtert, die Regie schlägt eine schnellere Gangart an, und statt Gold geht es nun um Diamanten.
Toller Auftakt ist ein in die Kamera fliegender Körper.
Der Vorsetzer gehört zur Handlung, und in der 10. Filmminute begegnen wir den originellsten Figuren des Films, den Killern Mr. Wint und Mr. Kidd. Denen die deutsche Synchronisation betont „schwuchtelige“ Stimmen verleiht. Eine seltsame Idee (ist das die Auswirkung der Synchronschule von Rainer Brandt?).
Wie in „Goldfinger“ gibt es den Kurzauftritt eines netten, harmlosen Ömchens, das sich als kriminell erweist (13. Minute). In Minute 20 dann wieder so ein Kabinettstückchen von Regisseur Hamilton: Bond täuscht ein küssendes Liebespaar vor – aber ganz alleine! Muss man gesehen haben. Dieser Humor ist es auch, der bei der anschließenden Fahrstuhlprügelei alle Scheiben zu Bruch gehen lässt. 25. Minute: Verbale Andeutung, dass Mr. Wint und Mr. Kidd homosexuell sind.
31. Minute: Perfider Mordversuch an Bond im Krematoriumsofen, dazu hübscher Filmmusikeinsatz. Das Las Vegas des Jahres 1971 sieht erstaunlich klein, leer und billig aus. Interessante Kulisse.
48. Minute: Gelungener Schockmoment, wenn Tiffany glaubt, eine „schwarze Perücke“ schwimme im Pool. Dabei zeigt uns die Kamera sofort, dass das ein Missverständnis ist.
55. Minute: Nächster Synchro-Gag. Figur Dr. Metz sächselt deutlich!
57. Minute: Die skurrile Verfolgungsjagd über die künstliche Mondlandschaft beginnt. Weshalb bewegen sich die Astronauten wie in Zeitlupe? Purer Gagwillen von Guy Hamilton! Aber ist das noch komisch? James Bond entkommt auf einer Art Dreirad… Die spätere Autohatz durchs nächtliche Vegas erinnert mich zugleich an „Die Nackte Kanone“ (der Vorspann) wie auch die Blechorgien aus „Blues Brothers“. Bond war hier vorbildstiftend!
71. Minute: Bond sieht doppelt – zwei Blofelds erklären ihre teuflischen Pläne. Gute alte Doppelgänger-Taktik, hat noch nie funktioniert.
77. Minute: Lustig, dass man Bond in einer Pipeline verbaut, aber wieso merkt das niemand?! Naja. Großartig allerdings sein Wieder-Auftauchen in der Abendgarderobe.
81. Minute: Nächste Skurrilität ist das Landhaus mit den Akrobatenweibern. Eine Szene, die männliche Jugendliche nachhaltig verstören dürfte. „Diamantenfieber“ ist ein merkwürdiger Film. Nicht schlecht, absolut nicht, die Besetzung ist gelungen, die Bilder sind prägnant, der Humor stimmt. Aber es ist kein Agentenfilm. Mehr ein grotesker Krimi. Zeitgeist?
88. Minute: Blofeld goes Liberace und flüchtet als Transe in einem Taxi. Dieser Bondfilm ist wahrscheinlich durchgeknallt. Irgendwo. Hilfe.
Hatte vollkommen vergessen, dass sich das Finale auf einer Bohrinsel abspielt. Und ist James Bond nicht eine Art fleischgewordene Bohrinsel? Hahaha. Netter „twist“ in Minute 101: Die Steuerkassette des Todessatelliten wird zweimal ausgetauscht – und Bonds Trick verpufft.
111. Minute: Man hatte sie schon vergessen, doch doch: Mr. Wint und Mr. Kidd grüßen zum letzten Showdown auf dem Kreuzfahrtschiff. Der ist nochmal bombig, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ein Resümee zu „Diamantenfieber“ fällt schwer, meine Bemerkungen deuten dies an. Er ist wirr, arbeitet mit zu vielen Figuren und fühlt sich unbalanciert an. Obwohl hier eigentlich alles stimmt (selbst die Dramaturgie), hinterlässt er einen schalen Nachgeschmack. Dieser Bondfilm will zu originell sein.
Diamantenfieber (1971)
Originaltitel: Diamonds are forever
Regie: Guy Hamilton
Musik: John Barry / Titelsong: Shirley Bassey
James Bond: Sean Connery / G.G. Hoffmann
Blofeld: Charles Gray / Martin Hirthe
Tiffany Case: Jill St. John / Renate Küster
Plenty O’Toole: Lana Wood / Almut Eggert
Mr. Kidd: Putter Smith / Horst Gentzen
Mr. Wint: Bruce Glover / Jürgen Thormann
Burt Saxby: Bruce Cabot / Edgar Ott
Felix Leiter: Norman Burton / Joachim Nottke
Slumber: David Bauer / Peter Schiff
Peter Franks: Joe Robinson / Klaus Sonnenschein
Dr. Metz: Josef Fürst / Klaus Miedel
Willard Whyte: Jimmy Dean / Norbert Langer
Dr. Tynan: David de Keyser / H.T. Branding
Shady Tree: Leonard Barr / Hugo Schrader
Sir Donald: Laurence Naismith / Friedrich Schoenfelder
und
M: Bernard Lee / Konrad Wagner
Q: Desmond Llewelyn / Wilhelm Borchert
Moneypenny: Lois Maxwell / Inge Landgut
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